Schulen: Umfrage zu Inklusion: Zu wenig Personal – Lehrer unzufrieden

Vor allem wünschen sich Lehrkräfte mehr Personal und kleinere Klassen, wenn die Inklusion gelingen soll. Bildungsministerin Oldenburg reagiert: Lern-Förderschulen dürfen vorerst bis 2030 bleiben.

Der gemeinsame Unterricht mit förderbedürftigen Kindern wird nach Einschätzung des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) in Mecklenburg-Vorpommern schlecht umgesetzt. Vielerorts fehlten die baulichen und vor allem die personellen Voraussetzungen, kritisiert der VBE- Landesvorsitzende Michael Blanck nach einer Forsa-Umfrage des Verbandes unter bundesweit 2.737 Lehrkräften. Die Umfrage ist laut VBE repräsentativ.

Aus Mecklenburg-Vorpommern nahmen den Angaben zufolge 62 Lehrerinnen und Lehrer teil und aus Brandenburg 91. Die Ergebnisse der beiden Bundesländer wurden zusammengefasst, so Blanck. Befragt wurden die Lehrkräfte demnach zwischen dem 10. März und dem 11. April.

Zwei Drittel der Lehrer für Inklusion

Zwei Drittel der befragten Lehrkräfte im Nordosten Deutschlands halten demnach den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung grundsätzlich für sinnvoll. Das seien etwas mehr als im Bundesdurchschnitt mit 62 Prozent, so Blanck. Allerdings sähen 69 Prozent im Nordosten und damit genauso viele wie bundesweit den gemeinsamen Unterricht unter den derzeitigen Bedingungen nicht als praktisch sinnvoll an. 

Als Hauptgründe werden Blanck zufolge fehlendes Personal, ungenügende materielle Ausstattung wie Größe der Klassenräume oder fehlende Aufzüge sowie zu große Klassen angeführt. 

Doppelbesetzung in inklusiven Klassen gefordert

So sprechen sich 96 Prozent der befragten Lehrkräfte im Nordosten für eine Doppelbesetzung von Lehrkraft und sonderpädagogischer Lehrkraft in inklusiven Klassen aus, wie der VBE-Landesvorsitzende berichtet. „Derzeit haben wir die Situation, dass eine sonderpädagogische Lehrkraft in den meisten Schulen nur für wenige Stunden in der Woche zur Verfügung steht, oder eben auch gar nicht, was 35 Prozent in der Befragung bestätigen.“

Blancks Fazit: Die Lehrkräfte werden mit der Umsetzung und den Auswirkungen der an sich gewollten Inklusion allein gelassen. Vor allem sei mehr Personal nötig. Zudem fordert der VBE-Landesvorsitzende, dass sonderpädagogische Aspekte im Lehrerstudium breiteren Raum einnehmen sollten als bisher.

Ministerin zeigt Verständnis

Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) zeigte Verständnis und erklärte: „Wir setzen beim Ausbau der Förderangebote auf Qualität statt Schnelligkeit.“ Die Frist für die Einführung inklusiver Angebote an den Schulen sei um weitere drei Jahre bis zum 31. Juli 2030 verlängert worden. Die Ministerin räumte ein: „Ohne zusätzliche personelle Ressourcen geht es nicht.“. Bisher gebe es 296 zusätzliche Stellen für die Inklusion an Regelschulen. Oldenburg sicherte außerdem zu, dass es im Land weiterhin ein Netz von Förderschulen und flächendeckend Förderangebote durch eigenständige Lerngruppen geben werde.

Ist Inklusion überhaupt flächendeckend umsetzbar?

Die CDU will bei der Inklusion die Bedeutung des Elternwillens stärken, wie der Bildungspolitiker der Landtagsfraktion, Torsten Renz, erklärte. „Wenn Eltern weiterhin Förderschulen für ihre Kinder als ideale Schulform ansehen, dann muss die Politik darüber reden, ob diese Möglichkeit erhalten bleiben kann.“ Die FDP-Abgeordnete Barbara Becker-Hornickel forderte die rot-rote Landesregierung auf zu überprüfen, ob der inklusive Anspruch überhaupt real umsetzbar ist.

Der AfD-Schulpolitiker Enrico Schult bezeichnete die schrittweise Auflösung der Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen als schwerwiegenden Fehler und forderte eine Kurskorrektur. „Diese Einrichtungen, getragen von spezialisierten Sonderpädagogen, boten Schülern mit besonderem Förderbedarf einen geschützten Raum für individuelle Entwicklung und Vorbereitung auf ein selbstbestimmtes Leben“, erklärte er.

Die Grünen forderten einen Inklusionsgipfel. Die Bedarfe sind aus Sicht der Grünen-Bildungspolitikerin im Landtag, Jutta Wegner, klar: „Maximale Klassenstärken festlegen, mehr und größere Räume schaffen, die Arbeitszeit der Fachlehrkräfte anpassen und multiprofessionelle Teams etablieren.“