Musik: Fanartikel: Lieblingsandenken oder (zu) teures Luxusgut?

Ob Pulli oder Warnweste: Fanartikel großer Stars sind gefragt – und oft teuer. Warum Fans trotzdem tief in die Tasche greifen und was hinter den Merch-Preisen steckt.

Ein Nachtlicht für 40 Euro, ein Miniatur-Golfschläger für den Weihnachtsbaum (20 Euro), eine Schreibtischuhr (70 Euro) und natürlich unzählige Shirts und Pullis. Das alles findet sich im Online-Shop von Taylor Swift, teils schon nicht mehr verfügbar. Der US-Megastar hat das Thema Fanartikel auf ein neues Level gehoben.

Die „Swifties“ greifen für die Produkte manchmal tief in die Tasche. Doch nicht nur hier. R&B-Sängerin Sza verkauft im Zuge ihrer Tour mit Rap-Superstar Kendrick Lamar eine stylishe, neongelbe Warnweste. Preis: 108 Euro. Bei Sängerin Adele kann man online eine Collegejacke für 200 Euro bestellen.

Bestimmtes Merchandise (kurz: „Merch“) kostet bei großen Künstlerinnen und Künstlern mittlerweile teilweise fast so viel wie ein Konzertticket. Woran liegt das? Und warum sind die Produkte bei Fans so beliebt?

Darum werden Produkte teurer

Der Begriff „Merchandising-Artikel“ wird oft als Sammelbegriff für sämtliche Lizenz- und Merch-Produkte verwendet. Das Geschäft laufe zu 90 Prozent entweder über Lizenzgeber oder über Agenturen, also Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, die Rechte an Produkten zu vermarkten. Das erklärt die Geschäftsführerin vom Verband Licensing International Deutschland, Ute Stauss. Künstler, die sich durch diese Agenturen vertreten lassen, hätten ein Interesse daran, dass sie ihren fairen Anteil bekommen.

„Natürlich wird der Merch teurer, weil sich aufgrund der ganzen Problematik in der Welt die Lieferketten geändert haben“, so Stauss weiter. Denn die meisten Artikel kämen mittlerweile aus Asien und dort seien die Rohstoffpreise nach oben geklettert. Die Lieferketten seien wegen des Lieferkettengesetzes, das in Deutschland seit 2023 gilt und Auswirkungen auf die globalen Produktionen hat, noch mal komplexer geworden.

Musik ist ein großer und wachsender Bereich

Aus Veranstaltersicht könne man aktuell keine „signifikanten Preisanstiege im Bereich Merchandising“ beobachten, die das übliche Maß allgemeiner Preissteigerungen überträfen, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), Johannes Everke. 

„Da es durch allgemeine Produktionskostensteigerungen und Inflation zu Preisanstiegen in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen gekommen ist, ist anzunehmen, dass davon auch der Bereich des Merchandisings berührt ist.“ Heißt: Produkte werden insgesamt teurer – und in diesem Rahmen eben auch Merchandise.

Dass sich mit Musikprodukten und Konzerten gute Geschäfte machen lassen, beobachtet auch Expertin Stauss, Dozentin an der Popakademie Baden-Württemberg. „Musik ist ein sehr großer und wachsender Bereich, auch in Deutschland. Sicherlich auch getrieben durch den Konzertsommer 2024, als Adele, Taylor Swift und Coldplay in Deutschland Konzerte gespielt haben“.

Adele hatte in München mit einem eigens errichteten Pop-Up-Stadion und einer Art Volksfest neue Maßstäbe gesetzt. Swift mit ihrer monumentalen „Eras“-Tour sowieso. Merch sei dabei für die Künstler eine wichtige zusätzliche Einnahmequelle, so Stauss. 

Merch gehört zum Lifestyle

Aus ihrer Sicht liegt der Haupteinnahme-Part aber sicherlich noch bei Konzerten, Gagen, Ticketverkäufen und teils bei Streaming-Einkünften. Das zeigt auch eine Studie zur Musikwirtschaft in Deutschland 2024.

Demnach verdienen Künstler rund die Hälfte mit Live-Auftritten und Studioaufnahmen, aus dem Streaming oder dem Verkauf von Tonträgern erzielen sie hingegen nur knapp fünf Prozent ihres Einkommens. „Neben Konzerten als wichtigster Einkommensquelle können durch Merchandising weitere Einkünfte erzielt werden“, erklärt der BDKV.

Längst gehört der Merch bei vielen Fans zum Lifestyle und Konzertgang dazu. Tour-Shirts, Caps mit dem Albumtitel und Pullis bedruckt mit dem Gesicht der Stars sieht man immer wieder modisch im Alltag. 

Oft haben Künstler einige Standardprodukte wie Tassen oder T-Shirts im Angebot. Superstar Swift ist mit ihrem ausufernden Shop ein Extrembeispiel. Als die Popikone 2020 ihr Album „Folklore“ mit der Single „Cardigan“ herausbrachte, konnten Fans auf ihrer Webseite sogar einen passenden „Cardigan“, also eine Strickjacke kaufen.

Heutzutage zähle der Community-Gedanke, sagt Stauss. „Viele Fans nutzen Merch heute auch als Ausdruck von Zugehörigkeit und Identifikation“. Zudem hätten viele, sicherlich getrieben durch die Pandemie, einen „wahnsinnigen Nachholbedarf“. 

Bei Events wie Konzerten gebe der Verbraucher gerne Geld aus. „Er ist da spendierfreudig, vielleicht spielen Preise hier auch nicht unbedingt eine Rolle, weil er in einer tollen Stimmung ist und einfach mehr Geld ausgibt.“

Manche Fans finden andere Wege

Manche Fans finden aber auch eigene Wege. Beim Konzert von Tokio Hotel kürzlich in Berlin sah man einige, die sich ihre Fan-Shirts einfach selbst bastelten. Auch, um etwas Eigenes zu haben, was sich von anderen abhebt. „Das hat keiner“, erzählte eine Frau. 

Fanartikel gibt es schon seit Langem. Bei manchen hingen früher vielleicht Poster des Kinofilms „Titanic“ im Kinderzimmer, andere schliefen in Bettwäsche einer Boyband oder eines Fußballvereins. Man könnte in der Geschichte der Menschheit sogar noch weiter zurückgehen, wie der Fanforscher Harald Lange von der Universität Würzburg sagt. 

Früher habe man etwa schon Heilige in der Kirche mit Reliquien gewürdigt. So gesehen seien heutige Fanartikel gewissermaßen eine moderne Interpretation dessen, sagt der Sportwissenschaftler, der in seiner Arbeit ein besonderes Augenmerk auf Fankultur im Sport legt. 

Nähe zu Idolen aufbauen

Grundsätzlich sammelten Fans Gegenstände von Menschen, die sie in einer besonderen Art und Weise verehren. Viele seien bereit, für Merch tiefer in die Tasche zu greifen, um ihren Idolen näher zu sein oder um eine Bindung aufzubauen, sagt Lange.

Wenn sie das Geld habe, dann kaufe sie auch gerne mal etwas, erzählt eine Frau in Berlin am Rande des Tokio-Hotel-Konzerts. Und dann gebe sie dafür auch mal etwas mehr Geld aus. Aber es stimme natürlich, dass solche Artikel allgemein heute teurer seien. „Kann sich auf jeden Fall auch nicht mehr jeder leisten, leider.“