Brände in Spanien : Deutscher Feuerwehrmann: „So was habe ich noch nicht gesehen“

Ein Inferno wütet in Spaniens Wäldern. Deutsche Feuerwehrkräfte eilen zur Hilfe – einer von ihnen berichtet vom Weg zum Einsatz an der Feuerfront. 

Seit Sonntagnacht wussten sie Bescheid – und dann musste alles ganz schnell gehen. Eine deutsche Feuerwehr-Spezialeinheit soll sich auf den Weg nach Spanien machen, um im Kampf gegen das dortige Flammeninferno mitanzupacken. Die Motivation in der Gruppe sei groß, so der Bonner Berufsfeuerwehrmann Frank Frenser. Sie seien froh, unterstützen zu können. Währenddessen ruckelt es, die Telefonverbindung ist schlecht und bricht immer wieder ab. Frenser sitzt im Bus auf der letzten Etappe nach einer anstrengenden, dreitägigen Fahrt. „Gerade fahren wir durch einen tiefen Nebel, alles ist feucht und regnerisch. Sehr kontrastreich zu dem, was uns bald erwarten wird.“

67 Feuerwehrkräfte auf gefährlicher Mission

Mit ihm unterwegs ist das deutsche „Waldbrandmodul“, bestehend aus 67 Kräften der beruflichen und ehrenamtlichen Feuerwehren Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Sie sind mit ihrem Konvoi aus 21 Fahrzeugen und drei Anhängern losgezogen. Die Berufsfeuerwehr Bonn führt die Truppe an, stellt die Führungskräfte und koordiniert die Logistik. Ihre erste Nacht verbrachten sie im Großraum von Paris. Der nächste Etappenstopp war im spanischen San Sebastián. Nun sind sie auf dem Weg in die Feuerhölle, nach Südwestspanien. Hier wüten seit Wochen schwere Waldbrände. „Es ist ein bergiges Gebiet. Hier wird kaum was laufen wie geplant“, weiß der Feuerwehrmann. Auf den Wetterbericht sei in dieser Region kein Verlass, weshalb der Himmel ganz genau beobachtet werden müsse.

Die Brände in Spanien seien so schwer, dass besonders „die eigene Sicherheit im Fokus steht“, so Frenser. Er kennt Auslandseinsätze mit dem „Waldbrandmodul“, wie etwa in Griechenland 2021 oder in Frankreich 2022. Allerdings würden sich diese Brandkatastrophen stark von den spanischen Bränden unterscheiden. „Die Brände in Griechenland waren kalkulierbar. In Frankreich leisteten wir eher die Nachlöscharbeiten“, sagt Frenser. Doch Spanien sei anders: „So was habe ich noch nicht gesehen.“

Europa rückt zusammen

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte forderten spanische Behörden andere europäische Feuerwehrtrupps für Löscharbeiten an. Viele der regionalen Kräfte sind überfordert und wegen der Länge der Einsätze erschöpft. Besonders die extrem hohen Temperaturen von mehr als 40 Grad belasten die Einsatzkräfte. „Das ist schon eine Herausforderung und harte, körperliche Arbeit. Auch wenn die Hitzewelle langsam abebbt, sind selbst 35 Grad immer noch sehr heiß für uns“, meint der Bonner. Neben den deutschen Einsatzkräften sind auch zwei Einheiten aus Frankreich, ein finnisches Modul und ein slowakischer Helikopter im Einsatz.

Dienstagabend, 19 Uhr. Die Truppe kommt am Einsatzort an. „Es war ein packender Moment, als wir zum ersten Mal die Rauchfahnen gesehen haben“, sagt Frenser. Das Camp sei so ausgewählt worden, dass sie sicher vor den Flammen seien. Die deutsche Gruppe verbringt die Nacht damit, ihr Camp aufzuschlagen. Um den spanischen Behörden keine Arbeit zu machen, errichtet die Truppe ihr eigenes Lager mit mobilen Feldbetten, Dusche und Küche. Das autarke Camp ist so ausgerüstet, dass der Trupp sieben Tage lang in der Wildnis verbringen könnte und Tag und Nacht für den Einsatz bereit wäre. Dieses Mal haben sie Glück und campen auf einem Fußballplatz mit eigenen Sanitäranlagen. Insgesamt ist geplant, dass die Einheit zwei Wochen unterwegs sein wird – die Fahrzeit eingerechnet. 

Wir sind vielseitig einsetzbar

Am Mittwochmorgen startet ihr erster Einsatz: Glutnester bekämpfen. Das sei in dem bergigen Gebiet nicht einfach. „Die Winde haben sich plötzlich komplett gedreht. Deshalb hat es jetzt oberste Priorität, sich um die Glutnester zu kümmern“, erklärt Frenser.  Wie die weiteren Einsätze aussehen werden, ist noch unklar. Zwei deutsche Führungskräfte sind bereits am Sonntag vorausgeflogen, um in Madrid die Lage gemeinsam mit den spanischen Behörden zu beurteilen und Details zu klären. „Wir sind vielseitig einsetzbar“, so Frenser. Er schätzt, dass sie mit den vier Tanklöschfahrzeugen für die Wasserbeschaffung zuständig sein werden oder Brandschneisen legen, um die Dörfer vor den Flammen abzuschirmen.

Die Freude der Familien ist natürlich begrenzt

Für Familien mit Kindern sei es nicht einfach, zwei Wochen lang ohne einen Elternteil auszukommen, sagt Frenser. „Die Freude der Familien ist natürlich begrenzt. Aber sie kennen das Leben in der Feuerwehr. Ob es ein Wohnungsbrand oder ein Waldbrand in Spanien ist. Beides ist gefährlich. Die Dauer ist mehr das Problem.“ Ein Kollege sei extra aus seinem Urlaub abgereist. „Wir werden mit Dankbarkeit entschädigt“, berichtet Frenser, der während des Einsatzes für die Pressearbeit zuständig ist. 

Kampf gegen den Brand: 67 Feuerwehrkräfte formieren sich mit ihren Fahrzeugen auf ihrem Hinweg nach Spanien
© Feuerwehr Bonn

Die deutschen Kräfte würden viel Wertschätzung und Dankbarkeit von den Spaniern erfahren. „Da ist eine extreme Hilfsbereitschaft und das Bestreben, dass wir schnell an unsere Arbeit kommen.“ Ab der spanischen Grenze habe der Konvoi sogar eine Polizeibegleitung bekommen, um schneller durchzukommen. An den Straßen hätten Bewohner den Feuerwehrleuten zugejubelt. „Das geht uns schon sehr nahe. Obwohl wir doch einfach nur unseren Job machen.“

Das „Waldbrandmodul“ gibt es in Deutschland erst seit sechs Jahren 

Für solche Großbrände wie aktuell in Spanien sieht das Europäische Katastrophenschutzverfahren sogenannte „Waldbrandmodule“ vor, die kurzfristig und gut vorbereitet innerhalb der EU angefordert werden können. Solch ein Modul besteht aus mehreren geländefähigen Löschfahrzeugen, einer Führungs- sowie einer Versorgungseinheit. 

In Deutschland wurde das damalige Pilotprojekt vor sechs Jahren nach den Waldbränden in Schweden gestartet. „Es stellte sich die Frage, warum wir eigentlich in Deutschland kein ‚Waldbrandmodul‘ haben“, sagt Frenser. Schließlich gibt es in Deutschland mehr als eine Million Mitglieder der Feuerwehr. Inzwischen werden auch hierzulande die Sommer immer extremer, und auch die Deutschen kämpfen mit schweren Naturkatastrophen. „Wir sind inzwischen mittendrin statt nur dabei und müssen uns immer mehr mit der Vegetationsbrandbekämpfung auseinandersetzen.“ Die deutschen Feuerwehren könnten von den Helfern im Ausland lernen. Es sei ein Wissensaustausch und „keine Einbahnstraße“.

Der Berufsfeuerwehrmann blickt mit zwiespältigen Gefühlen auf die kommenden zwei Wochen: „Es ist eine komische Mischung aus Vorfreude, da wir das machen, wofür wir trainiert sind, gepaart mit Demut.“