Alte Obstsorten sind dort oft zu finden: Streuobstwiesen bieten Mensch und Tier reichlich Nahrung. Allerdings nimmt der Umfang der Wiesen von Jahr zu Jahr ab. Was sind die Gründe dafür?
Die für den Artenreichtum als besonders wertvoll geltenden Streuobstwiesen nehmen laut Naturschützern trotz Neupflanzungen in Nordrhein-Westfalen weiter ab. „Wir haben es noch nicht geschafft, den Hebel umzulegen. Der Rückgang der Bäume hält nach wie vor an“, sagte Experte Franz-Wilhelm Ingenhorst vom Naturschutzbund Nabu NRW. Nach seiner Schätzung gibt es zusammengenommen aktuell noch mindestens 10.000 bis 15.000 Hektar Streuobstwiesen in Nordrhein-Westfalen.
Es gebe interessante Initiativen, die sich um das Anpflanzen neuer Obstbäume kümmerten. „Das Interesse an Streuobstwiesen ist da“, erklärte der Sprecher des Landesfachausschusses Obstwiesenschutz.
Dennoch fielen in der Summe mehr alte Bäume weg, als neue nachgepflanzt würden. Einen Grund dafür sieht der Experte im Strukturwandel in der Landwirtschaft. Viele Höfe mit einer solchen Wiese würden aufgegeben. In anderen Fällen könnten Streuobstwiesen-Eigentümer aus Altersgründen nicht mehr die Pflege übernehmen oder neue Bäume pflanzen.
Im Unterschied zu Obstplantagen werden auf Streuobstwiesen hochstämmige Obstbäume angepflanzt, wie Ingenhorst erläuterte. Bei den Bäumen handele es sich um eine bunte Mischung aus verschiedenen Obstarten, wobei der Apfel die Hauptart sei. Auch Birne, Pflaume und Mirabelle komme häufig vor. Zudem seien etwa verschiedene Apfelsorten auf einer Wiese zu finden. In der Regel kommen auf den Wiesen keine Pflanzenschutzmittel und kein chemischer Dünger zum Einsatz, das Gras unter und zwischen den Obstbäumen diene als Tierfutter.
In diesem Jahr werde es voraussichtlich keine schlechte Ernte auf den Streuobstwiesen geben, das zeichne sich zumindest am Niederrhein ab.
In der Zukunft könne sich die Zusammensetzung der Streuobstwiesen auch ändern. Dabei spiele die Frage eine Rolle, welche Obstarten besonders gut mit dem Klimawandel zurechtkommen könnten – Ingenhorst nannte in diesem Zusammenhang etwa Walnuss, Kastanie, Pfirsich und Aprikose.
Wie der Nabu NRW in einer Online-Darstellung erklärt, bieten Streuobstbäume von der Wurzel bis zur Baumkrone Lebensraum für zahlreiche Tiere.
An der Wurzel lebten etwa Feld- und Spitzmäuse, am Stamm bohrten Holzkäfer und Holzwespen. Die Früchte lockten Vögel und Bilche an und seien Nahrung für Raupen und Maden. Für Honig- und Wildbienen sowie Hummeln, die Nektar und Pollen sammeln, sei die Obstblüte von lebenswichtiger Bedeutung. Und faule Früchte zögen wiederum Schmetterlinge und auch Vögel an.
Der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie geht für 2025 von bundesweit 450.000 Tonnen Ertrag bei der Streuobsternte aus. Das wäre mehr als erwartet, da die Ernte in ungeraden Jahren erfahrungsgemäß schwach ausfalle.
Während 2018 noch über 1 Million Tonne Ertrag prognostiziert worden sei, habe es vor allem durch Trockenheit zwischen 2019 und 2023 einen deutlichen Rückgang gegeben. Immer mehr Bäume seien aufgrund einer unzureichenden Wasserversorgung und ihres Alters von über 70 Jahren stark geschädigt. Mindestens die Hälfte des Apfel-Direktsaftes komme in Deutschland aus Streuobst, hieß es weiter.