Die Krise der Winzer macht sich besonders in den landschaftlich schönen Steilhängen bemerkbar. Hightech könnte helfen, aber es gibt Hürden.
Der extrem aufwendige und riskante Steillagen-Weinbau ist in der Krise. Für die Winzer ist die Herstellung dort besonders teuer – und es gibt immer wieder schwere Unfälle. Dabei gehören viele Steilhänge zu den besten Lagen einer Region.
Die Mosel, die als weltweit größtes zusammenhängendes Steillagengebiet gilt, kämpft seit Jahren damit, dass Winzer Flächen aufgeben. Am Mittelrhein sind auch schon viele der landschaftlich reizvollen Steillagen verschwunden, die zudem als Touristenmagnete gelten.
Drohnen können helfen, dem Trend entgegenzuwirken, meinen Fachleute. Große Hoffnung setzen sie in eine neue Agrardrohne aus China, die vor wenigen Tagen bundesweit zum Pflanzenschutz grundsätzlich zugelassen wurde.
„Drohnen sind die Schlüsseltechnologie, um die Existenz unserer Steillagenwinzer zu sichern“, sagt der Leiter des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Mosel, Norbert Müller.
Die neue Sprühdrohne bedeute „einen Riesen-Quantensprung“ zum Vorgängermodell, sagt er bei einer Vorführung der Drohne über Weinbergen in Bernkastel-Kues. Das DLR habe die sogenannte Abdriftmessung zur Abweichung vom angestrebten Kurs gemacht und dafür gesorgt, dass die Drohne zum Pflanzenschutz zugelassen worden sei.
Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wo wird Wein in Steillagen angebaut?
Ein Steilhang muss mindestens 30 Prozent Hangneigung haben, wie das Deutsche Weininstitut erläutert. Etwa 14 Prozent der Rebfläche in Deutschland (rund 14.000 Hektar) gehört dazu. Die meisten Flächen finden sich in Rheinland-Pfalz, an der Mosel und am Mittelrhein. Aber auch im Baden-Württemberg gibt es sie, etwa am Kaiserstuhl, im badischen Ortenau und Durbach, aber auch terrassiert am Neckar.
Im hessischen Rheingau, in der Pfalz, in Franken und Sachsen wird Wein mancherorts auch in Steillagen angebaut. In anderen europäischen Ländern findet er sich vor allem im portugiesischen Douro-Tal und im italienischen Trentino.
Was sind die Vorteile des Drohneneinsatzes im Weinbau?
Die Anwendung von Fungiziden aus der Luft ist nach Einschätzung des Weinbauministeriums in Mainz elementar für den Weinbau in Steil- und Steilstlagen in Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern, weil der Schutz der Reben in bestimmten Lagen nur aus der Luft gewährleistet werden könne. Aus der Luft wird der Pflanzenschutz aber meist per Hubschrauber ausgebracht.
Seit drei Jahren fliegen auch Drohnen zum Sprühen zumindest an der Mosel über Weinberge. Jedes Jahr komme mehr Fläche dazu, sagt DLR-Experte Müller. Mit knapp 200 Hektar von insgesamt rund 3.200 Hektar Steillagen ist da aber noch Luft nach oben.
Drohnen seien in ihrem „Abdriftverhalten“ mit bodengestützter Applikationstechnik vergleichbar, heißt es im Weinbauministerium. Sie seien treffsicherer als ein Traktor oder Hubschrauber, was vor allem in der Nähe von Wohngebieten oder Gewässern wichtig sei.
Was kann die neue Agrardrohne DJI Agras T50?
Sie kann vor allem effizienter und wirksamer die sogenannte Sprühbrühe ausbringen. Ein Grund ist, dass ihr Tank mit 40 Litern fasst und damit 10 Liter mehr als das Vorgängermodell T30. Vor allem aber liegt es an einer neuen Technik: Sie setzt auf moderne Rotationszerstäuber und nicht mehr auf Injektordüsen, die nur eine bestimmte Menge an Flüssigkeit fassen.
Das bedeutet nun: Die Durchflussmenge werde von bislang gut 7 Liter pro Minute auf bis zu 24 Liter pro Minute erhöht, sagt die Drohnenexpertin beim DLR Mosel, Hanna Cordier. Die Flüssigkeit laufe jetzt über Rotation und nicht mehr über Druck. Hinzu kommt, dass das neue Gerät genaue 3D-Flugstrecken vollautomatisch generiert.
Gibt es von Winzern auch kritische Stimmen?
Ja. Unter anderem wegen des Zeitfaktors. Ein Hubschrauber fliege eine Gemarkung in anderthalb Stunden, sagt Winzerin Stefanie Vornhecke aus Senheim an der Mosel. „Wenn wir diese Fläche mit Drohnen machen wollen, sind wir zwei Tage dran.“ Zudem gebe es Steillagen, wo es keinen Landeplatz für Drohnen gebe – zum Beispiel am Brenner Calmont, dem steilsten Weinberg Europas.
Die Drohnentechnik sei entscheidend, um den Steillagen-Weinbau flächendeckend zu halten, sagt der Geschäftsführer des Vereins Moselwein, Ansgar Schmitz. Auch mit Blick auf die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen Hubschrauber-Spritzungen wegen des bedrohten Apollofalters sagt er: „Die neue Drohne könnte vielleicht ein Kompromiss sein, Steillagen weiter aus der Luft mit Fungiziden behandeln zu können.“
Was bemängelt die Umwelthilfe?
„Der Steillagen-Weinbau ist ein wichtiges Element der Kulturlandschaft an der Mosel, das es zu erhalten gilt – allerdings bei gleichzeitiger Beachtung der Naturschutzgesetzgebung“, betont der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch. Angesichts des Niedergangs des Apollofalters wäre aus seiner Sicht genug Zeit gewesen, die Drohnentechnologie zu etablieren, mit der deutlich präziser gearbeitet werden könne als mit Hubschraubern. Gegen deren Einsatz klagt die DUH. Zudem gehörten einige der verwendeten Fungizide zur Stoffgruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), kritisiert die DUH. Die sogenannten „Ewigkeits-Chemikalien“ bauten sich kaum in der Umwelt ab.
Was kostet eine Drohne?
Der Preis einer Drohne für den Pflanzenschutzmitteleinsatz im Steil- & Steilstlagenweinbau, wie etwa die DJI T50, liegt bei rund 30.000 Euro inklusive Zubehör wie Tanks, Akkus, Pumpe und Elektrogenerator, heißt es im Ministerium. Das DLR fördert Weinbaubetriebe beim Kauf von Drohnen mit 40 Prozent.
Darf jeder Winzer Drohnen einsetzen?
Pflanzenschutzmittel aus Drohnen zu versprühen, ist grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind nach dem Pflanzenschutzgesetz im Steillagen-Weinbau möglich, aber aufwendig. Anträge können seit 2022 gestellt werden und sind gebührenpflichtig. Erteilt werden die Genehmigungen im größten deutschen Weinbauland Rheinland-Pfalz im Einzelfall von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). In der aktuellen Saison sind das 15.
Das Weinbauministerium macht sich dafür stark, das im EU-Recht verankerte Verbot aufzuheben und fordert eine eigenständige Kategorie für Agrardrohnen, die sie mit bodengestützten Applikationsgeräten gleichstellt. Zudem fordert Staatssekretär Andy Becht (FDP): „Wir brauchen einfachere Genehmigungsverfahren in diesem Bereich. Es muss alles schneller gehen.“
Drohnen-Expertin Cordier berichtet, dass sich oft mehrere Weinbaubetriebe beim Kauf einer Drohne zusammenschließen. Auch Lohnunternehmer würden in Auftrag der Winzer fliegen. Voraussetzung für die Nutzung ist auch ein Führerschein. Nach der Einstufung des Luftfahrt-Bundesamts wird die Offene Kategorie A2 benötigt.
Was plant die neue Bundesregierung?
Die Winzer hoffen, dass die auf ein Jahr befristete Genehmigung mit einer Änderung des Bundesrechts aufgehoben wird. Anlass gibt ein Satz aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag: „Wir wollen den praxistauglichen Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft ermöglichen, zum Beispiel bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln im Steillagen-Weinbau.“