Skimpflation: Verbraucherzentrale warnt vor 40 Produkten mit neuen, billigen Zutaten

Die Verbraucherzentralen warnen vor „Skimpflation“. Hierbei reduzieren Hersteller von Lebensmitteln den Anteil hochwertiger Zutaten. Ist auch Ihr Lieblingsprodukt dabei?

Im Supermarkt ist es oft schwierig zu erkennen, wenn sich die Zusammensetzung des eigenen Lieblingsmüslis oder Brotaufstrichs unerwartet ändert. Die Verbraucherzentrale Hamburg sieht darin einen Trick, um Kunden zu täuschen. Einige Hersteller ersetzten teurere Zutaten wie Fleisch, Butter oder Haselnüsse durch günstigere Alternativen wie Wasser oder Aromen, kritisiert der Verband. Dieses Phänomen wird als „Skimpflation“ bezeichnet.

„Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen scheinbar das gleiche Produkt, erhalten aber weniger Qualität fürs Geld“, erklärt Armin Valet, Lebensmittelexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Solange die geänderte Zusammensetzung korrekt auf der Verpackung angegeben wird, sei diese Praxis legal. „Für Hersteller ist dies interessant, wenn Rohstoffe teurer werden“, sagt Valet. Der Verkaufspreis bleibe dabei meist unverändert.

Die Verbraucherzentrale hat jetzt eine aktualisierte Liste mit betroffenen Produkten veröffentlicht. 

Ist Ihr Lieblingsprodukt dabei?

Ja! (Rewe) Bolognese mit Hackfleisch: Früher waren hier 20,7 Prozent Rindfleisch drin, jetzt sind es nur noch 16 Prozent. Der Hersteller behauptet, das habe die Sensorik verbessert.Knorr Feinschmecker Zitronen-Butter-Sauce: Bei diesem Produkt wurde der Anteil an Butter von 25 Prozent auf 10 Prozent reduziert. Verbraucher sollen nun selbst fünf Gramm Butter hinzufügen. Der Lebensmittelkonzern Unilever reagierte nicht auf eine Anfrage der dpa.Lieblings Nuss-Nougat-Creme“ von Netto: Hier ist der Haselnussanteil von 20 auf 13 Prozent gefallen. Eine DPA-Anfrage an die Discounterkette Netto blieb zunächst unbeantwortet. KClassic (Kaufland) Tomatenketchup: Beim Ketchup der Eigenmarke tauschte man doppelt konzentriertes Tomatenmark mit einfach konzentriertem Tomatenmark. Rezepturen würden regelmäßig angepasst, zu Jahresbeginn habe der Lieferant gewechselt, erklärte die Handelskette. Sensorische Tests hätten bestätigt, dass das Produkt den Erwartungen der Kunden entspreche.Milkana cremig leicht: Bei diesem Schmelzkäse-Produkt wurde der Anteil der Grundzutat verringert. Waren bei der alten Variante noch 65 Prozent Käse enthalten, sind es jetzt nur noch 42 Prozent. Nach Angaben des Herstellers Savencia soll die Änderung die Qualität verbessert haben. Zwar sei weniger Käse enthalten, dafür nun aber auch Butter. Der Fettanteil sei höher als vorher. Auf der Verpackung steht laut einer Sprecherin „Jetzt noch leckerer“.Jacobs 3 in 1: Diese Instantkaffee-Sticks enthalten in der neuen Variante nur noch 1,2 Gramm löslichen Bohnenkaffee, davor waren es 1,44 Gramm. Jacobs sagt, man habe das Produkt im Zuge der „Health & Indulgence Programme“ optimiert.K-Bio Schoko-Knusper-Müsli: Beim Produkt der Eigenmarke von Kaufland ist weniger Schokolade enthalten, vorher 15,5 Prozent, jetzt nur noch 12 Prozent. Dafür ist der Anteil an Vollkornflocken gestiegen. Grund laut Hersteller: Wettbewerbsfähigkeit und bestmöglicher Geschmack.Poté Rindergulasch: Hier sank der Anteil an der Grundzutat Rindfleisch um ein Viertel auf 31 Prozent. Man habe das Geschmackserlebnis verbessern wollen und sei Kundenvorlieben nachgekommen, sagt der Hersteller.Penny und Ja!, Getränkesirup Orange: Bei diesem Sirup aus dem Discounter wurde besonders massiv an den Zutaten gespart. Lag der Fruchtgehalt ehemals bei 60 Prozent, liegt er nun nur noch bei 28 Prozent. Auch reicht der Sirup nur noch für 5 Liter Fertiggetränk statt ehemals 12 Liter. Der Hersteller gibt als Grund einen Lieferantenwechsel an.

Verbraucherzentrale: Angaben wie „Neue Rezeptur“ führen in die Irre

Die Liste der Verbraucherzentrale Hamburg umfasst insgesamt rund 40 Fälle. Laut Valet dürfte die tatsächliche Zahl deutlich höher sein. Er ruft Kunden auf, betroffene Produkte zu melden. Hinweise wie „Neue Rezeptur“ oder „Verbesserte Rezeptur“ seien irreführend und Grund genug, skeptisch zu werden. Das Problem: Nur wer die alte und neue Zutatenliste vergleicht, bemerkt Unterschiede. „Aber kein Mensch hebt alte Produkte auf oder kennt deren Rezepturen“, sagt Valet.

Die Verbraucherschützer fordern eine klare und verpflichtende Kennzeichnung von Rezeptänderungen. Laut Valet komme es vor, dass gleichzeitig auch Packungsgrößen schrumpfen, oft bei gleichem Preis. Das nennt sich „Shrinkflation“ – und wird von Herstellern selten offengelegt.

Der Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbandes Deutschland, Christoph Minhoff, weist die Vorwürfe der Verbraucherzentrale zurück. Was als Skimpflation anprangert werde, sei „eine notwendige Reaktion“, etwa auf stark gestiegene Rohstoffpreise, gestörte Lieferketten, neue gesetzliche Vorgaben oder auch freiwillige Selbstverpflichtungen wie die Reduzierung von Zucker, Fett und Salz.