Halb Unternehmer, halb Abenteurer: Orthomol-Boss Nils Glagau stellt Haltung über Hype. Heute feiert er 50 Jahre Mut, Herz und Vision.
Wenn Nils Glagau lächelt, hat das etwas Beruhigendes. Eine Präsenz, die nicht drängt, sondern trägt. Er war nie laut und zählt dennoch zu den bekanntesten Unternehmern Deutschlands – als Geschäftsführer von Orthomol, als langjähriger Investor bei „Die Höhle der Löwen“, als Mann mit Haltung, Tiefgang und – ja – einer echten Löwenmähne. Am 31. Oktober feiert der heimatverbundene Unternehmer, Investor und Abenteurer seinen 50. Geburtstag. Damit blickt er zurück auf ein halbes Jahrhundert voller Neugier und Mut und auf einen Weg, der nicht selbstverständlich war.
Lockeres Spiel auf der Unternehmer-Klaviatur
Ein Blick auf sein Instagram-Profil verrät: Nils Glagau ist einfach überall. Mal rettet er einen traditionellen, von der Flut-Katastrophe 2021 verwüsteten Gasthof in Solingen. Mal überzeugt er persönlich Einzelhändler in seiner Heimat, seine Produkte ins Sortiment aufzunehmen. Glagau sponsert das Leverkusener Basketball-Team oder den „Wontorriors FC“ der hippen Icon League. Er zeigt sich Arm in Arm mit Basketball-Held Dennis Schröder (32) oder beim coolen Handshake mit einem seiner Mitarbeiter. Gerade noch in der „Höhle der Löwen“ trifft er sich mit seinen Start-up-Unternehmern zum entspannten „Tag am See“-Talk. Gründersohn Glagau beherrscht die Klaviatur des modernen Unternehmertums – und war doch lange Zeit weit entfernt von der Laufbahn des klassischen Entrepreneurs.
Vom Kulturforscher zum Gastronom
1975 in Bad Homburg geboren, wächst Nils Glagau in einem Umfeld auf, in dem Visionen Familienalltag sind. Sein Vater, Dr. Kristian Glagau, gründet 1991 gemeinsam mit dem befreundeten Chemiker Hans Dietl die Firma Orthomol. Mit Herstellung und Vertrieb von Mikronährstoffen zur Nahrungsergänzung macht das Unternehmen Jahr für Jahr mehr Umsatz. Heute beschäftigt es 500 Mitarbeiter. Die meisten davon sind am Hauptsitz im rheinischen Langenfeld angesiedelt. Doch statt direkt ins Familienunternehmen einzusteigen, wählt Glagau zunächst andere Pfade und studiert in Bonn Ethnologie mit Schwerpunkt Altamerikanistik.
Er reist, forscht und lebt bei indigenen Gemeinschaften in Mexiko und Mittelamerika. Glagau interessiert sich für die Kultur der Maya und Schamanismus – fern von Vertriebsstrukturen, Umsatzplänen und Geschäftsmodellen. „Mich hat immer interessiert, was Menschen antreibt“, sagt er später. Nach dem Studium eröffnet er in Bonn ein kleines mexikanisches Restaurant. Bunte Fliesen, laute Musik, der Duft von Limette und Chili – ein Ort voller Leben und ein Hauch von Mexiko am Rhein. „Ich wollte einen Ort schaffen, der verbindet“, erinnert er sich an diese Zeit.
Der Ruf des Schicksals
Der Wendepunkt kommt 2009. Sein Vater stirbt unerwartet an einer Lungenembolie. Orthomol, das Lebenswerk der Familie, steht plötzlich ohne seine Gründerfigur da. Und Nils Glagau übernimmt, zusammen mit Mutter Marion und Schwester Gesche, die Geschäftsführung. Für Glagau ist es keine leichte Entscheidung. Plötzlich Verantwortung, plötzlich Alltag – keine Ausgrabungen mehr, sondern tägliche, wirtschaftliche Aufbauarbeit. Aus dem Ethnologen wird ein Unternehmer – aber keiner von der lauten Sorte. Er steht für das, was in Zeiten von Schnelllebigkeit selten geworden ist: Haltung. „Gesundheit bedeutet mehr als Vitamine, sie beginnt mit Vertrauen“, sagt er. Heute ist das Unternehmen Marktführer in seinem Segment und vertreibt Produkte in mehr als 30 Ländern.
Elf Staffeln im TV – und dann der Rückzug
Ab 2019 sieht ihn dann ganz Deutschland. „Die Höhle der Löwen“ holt ihn als Investor an Bord. Und Glagau wird – leise, aber bestimmt – zum Liebling vieler Zuschauer und Zuschauerinnen. Nicht durch Effekthascherei, sondern durch Genauigkeit, Haltung und Empathie. Er investiert klug, bevorzugt in Start-ups aus den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Nachhaltigkeit. Was ihn besonders macht: Während andere Investoren oft entweder Zahlen oder Herz entscheiden lassen, bringt Glagau beides ins Spiel. Er hört zu, prüft, fragt nach – und geht Deals auch mal nicht ein, wenn ihm ein Detail nicht plausibel erscheint. Manche Fans nennen ihn wegen seiner blond-grauen Mähne und der einfühlsamen Herangehensweise den „stillen Löwen“. Er ist für sie das Gegenteil des gebügelten BWLers, einer der zuhört.
Dann hört er auch auf sich: 2025 steigt Glagau bei der VOX-Show aus. Nicht aus Eitelkeit oder Erschöpfung, sondern „um wieder Neues zu entdecken“. Es ist kein Rückzug ins Private, sondern ein bewusster Schritt. Glagau will sich wieder stärker dem Unternehmen und anderen Projekten widmen. Ein Abgang mit Haltung – zur richtigen Zeit und ohne Drama.
Wenn Marken zur Musik werden – Rock B(r)and
Nils Glagau wäre kein echter Visionär, wenn er sich mit nur einem Erfolg zufriedengäbe. Mit seiner Investmentfirma „Rock B(r)and“ schlägt er seit 2019 neue Töne an. Der Name ist Programm: eine Mischung aus Rockband und Marke – laut, leidenschaftlich und lebendig. Mit seinem Team investiert er in Start-ups, die Geschichten erzählen. In Gründerinnen und Gründer, die brennen für ihre Idee und nicht nur Umsatz, sondern Bedeutung schaffen wollen. Zu seinem Portfolio zählen junge Unternehmen für Produkte vom E-Bike bis zu Smartphone-Schutzhüllen und Hundefutter. „Ich mag Menschen, die morgens aufstehen und für etwas brennen“, sagt Glagau in einem Podcast. Das „Haus am See“ dient „Rock B(r)and“ und seinen Start-ups als Think Tank, Rückzugsort und Ideenschmiede.
Rückkehr in die VOX-„Höhle“ möglich?
So offen er sich auf Instagram zeigt, so diskret behandelt Glagau sein Privatleben. Abseits großer Schlagzeilen lebt er zurückgezogen im Norden Leverkusens, angrenzend ans Bergische. Zu seiner Firma und seinem „Haus am See“ ist es ein Katzensprung. Laut „Bild“ ist er verheiratet und Vater von Zwillingstöchtern. Bei Instagram zeigt er sich mit Mutter Marion zum Weihnachtsgruß oder mit Schwester Gesche zum Abschluss einer lokalen Charity-Aktion. Mehr private Einblicke gewährt Glagau nicht.
In seiner Freizeit treibt er gern Sport, z.B. das immer beliebtere Padel-Tennis, und schätzt Musik und Kochen. Gelegentlich reist er noch nach Mexiko, den Lieblingsort seines früheren Ich. Viele Fans wünschen sich seine Rückkehr in die „Höhle der Löwen“ als Investor. Ausgeschlossen ist diese sicher nicht, kehrte zum Beispiel auch Frank Thelen (50) nach längerer Pause in diesem Jahr auf den Löwenstuhl zurück. Doch Glagau nimmt sich für solche Entscheidungen Zeit. Erstmal gilt es seinen runden Geburtstag zu feiern – ob mit einem Vitamin-Cocktail oder einer klassischen Margarita. Salud!
 
	 
						 
						