Im australischen Hinterland sucht die Polizei weiter nach einem Verdächtigen, der am Dienstag mutmaßlich zwei Polizisten erschossen hat. Die Behörden steckten „alle verfügbaren Ressourcen“ in die Suche, sagte der regionale Polizeichef Mike Bush am Mittwoch vor Journalisten. „Wir müssen ihn finden“, betonte er. Die Polizei wies die Menschen in der Region nördlich der Stadt Melbourne an, zu Hause zu bleiben.
Bei dem Verdächtigen handelt es sich nach Polizeiangaben um den 56-jährigen Dezi Freeman. Er war nach einer Schießerei am Dienstag zu Fuß in die dicht bewaldete Umgebung entkommen. Bush ging davon aus, dass Freeman sich in der Gegend besser auskennt als die Polizisten und weiß, wie er in der Natur überleben kann. Er sei womöglich zudem schwer bewaffnet.
Bushs Angaben vom Dienstag zufolge waren zehn Beamte mit einem Durchsuchungsbefehl an Freemans Grundstück im etwa 300 Kilometer nördlich der Stadt Melbourne gelegenen Ort Porepunkah angerückt. Bei der Ankunft der Polizisten sei das Feuer eröffnet worden, was zu einer minutenlangen „schrecklichen“ Schießerei geführt habe. Der Verdächtige habe zwei Polizisten „kaltblütig“ erschossen, sagte Bush weiter.
Bei den Toten handele es sich um zwei Polizisten im Alter von 59 und 35 Jahren. Ein weiterer Polizist sei verletzt und zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht worden. Er sei außer Lebensgefahr.
Bush fügte am Mittwoch hinzu, die Beamten hätten zwar Schüsse in Freemans Richtung abgegeben, dieser sei aber nicht verletzt worden. Er machte keine Angaben zum Hintergrund der geplanten Durchsuchungen. Unter den Polizisten seien aber sowohl regionale Beamte als auch Mitglieder der Einheit für Ermittlungen wegen Sexualstraftaten und Kindesmissbrauch gewesen.
Australische Medien berichteten, der Verdächtige sei ein Anhänger radikaler Verschwörungserzählungen. Der Zeitung „The Age“ zufolge bezeichnet sich Freeman selbst als „souveräner Bürger“ – gehört also einer Gruppe an, die von der Regierung verabschiedete Gesetze nicht anerkennt, vergleichbar mit den Reichsbürgern in Deutschland.
Australiens Regierungschef Anthony Albanese betonte im Interview mit dem Fernsehsender ABC, bei den Berichten handele es sich derzeit um Anschuldigungen. Der Geheimdienst des Landes habe aber gewarnt, die Bewegung der „souveränen Bürger“ stelle eine „sehr reale“ Bedrohung dar.
Die Polizei äußerte sich am Mittwoch nicht zu den Berichten. In einem Gerichtsprozess wegen Raserei hatte Freeman die Polizei im vergangenen Jahr als „Nazi-Wichser“, „Gestapo“ und „terroristische Schläger“ bezeichnet, wie aus dem damaligen Urteil hervorgeht.
Die Schießerei sorgte in der ländlichen Gegend am Dienstag für Entsetzen. Die Grundschule im Ort Porepunkah blieb am Mittwoch geschlossen.
Tödliche Schusswechsel wie diese sind in Australien eher selten, noch seltener werden Polizisten getötet. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich im Dezember 2022 in der nordöstlichen Region Queensland. Damals wurden bei einem Polizeieinsatz auf einem abgelegenen Grundstück zwei Polizisten und vier weitere Menschen getötet.
Seit einem Amoklauf auf der Insel Tasmanien 1966, bei dem ein bewaffneter Mann 35 Menschen tötete, sind automatische und halb-automatische Waffen in Australien verboten.
jhm/kü