Gebannt verfolgte die Welt den Gipfel in Alaska. Am Ende wurde es ein politisches Schauspiel auf dem Rollfeld. Aber mehr auch nicht.
Ein ausgerollter roter Teppich. Zwei Präsidenten, die zeitgleich aus ihren Flugzeugen aussteigen. Donnernde Kampfjets am Himmel von Alaska. Und das alles vor den Kameras der versammelten Weltpresse. Es war das Spektakel, das sich Donald Trump gewünscht hatte. Und so begann er vor Freude zu applaudieren, als Wladimir Putin auf ihn zumarschierte.
Noch bevor sich die beiden Männer in einem innigen Händeschütteln verloren, hatte Putin den ersten Sieg eingefahren. Die Jahre der Isolation durch den Westen waren in dem Moment vorbei, in dem er Fuß auf den Boden der Militärbasis Elmendorf-Richardson in Anchorage gesetzt hatte. Hier also stand nun der Mann, der vor dreieinhalb Jahren Truppen in die Ukraine geschickt hatte, und wurde vom Präsidenten der USA wie ein heimgekehrter Kriegsheld begrüßt.
Und es sollte noch besser für ihn kommen.
Als die beiden Staatschefs nach fast dreistündigen Gesprächen vor die Presse traten, prangten im Hintergrund in großen Lettern die Worte „Pursuing Peace“ (Streben nach Frieden). Doch schnell wurde klar, dass kein Deal erreicht worden war. Und ein Waffenstillstand, den Putin unbedingt vermeiden will, noch lange nicht in Sicht ist.
Nach drei Stunden ist Schluss
Schon die Verkündung des Gipfeltreffens vergangenen Freitag hatte für viele Fragezeichen gesorgt. Noch wenige Tage zuvor hatte Trump dem russischen Präsidenten mit Sanktionen gedroht, nun lud er ihn nach Alaska auf amerikanischem Boden ein. Politische Experten von Washington bis Kiew zerbrachen sich die Köpfe. Steht ein Waffenstillstand kurz bevor? Wie würde ein möglicher Deal aussehen? Und wo bleibt die Ukraine bei alldem?
Doch je näher der Gipfel rückte, desto weiter schraubte das Weiße Haus die Erwartungen herunter. Die Rede war nun nicht mehr von einem Deal, sondern einer reinen „Zuhörübung“, wie es der US-Präsident formulierte. Noch auf dem Hinflug an Bord der Air Force One sagte Trump, er wisse nicht, wie ein Erfolg aussehen würde. Es klang nach: Ich erkenne ihn, wenn ich ihn sehe.
Wie sich herausstellen sollte, war der Erfolg nach dem Gipfel genauso schwer zu erkennen wie davor.
Die Gespräche von Trump und Putin liefen gerade knapp drei Stunden, als plötzlich Hektik im Pressezelt auf der Militärbasis ausbrach. Die russischen Journalisten hatten als erste Wind bekommen, dass sich das Treffen dem Ende näherte. Hastig eilten die Reporter zurück in den Presseraum. Noch am Morgen hatte es von Seiten des Kremls geheißen, dass der Gipfel bis zu sieben Stunden dauern könnte. Bedeutete ein kürzeres Treffen also gute Nachrichten?
Fortschritte, aber kein Deal
Die Pressekonferenz begann mit einer Überraschung: Nicht Trump, der Gastgeber, sondern Putin als Gast ergriff zuerst das Wort.
Der Kremlchef dankte Trump auf Russisch für die Einladung und hielt einen kurzen Vortrag über die nachbarschaftliche Beziehung der beiden Staaten. Es gebe eine „Vereinbarung“, sagte er dann mit Blick auf die Ukraine und verfiel schnell in seine bekannte Tonspur. „Wir sind überzeugt, dass wir alle Hauptursachen des Konflikts beseitigen müssen“, sagte Putin, und stellte klar, dass eine dieser vermeintlichen Ursachen, die Regierung von Wolodymyr Selenskyj sei.
Zu diesem Zeitpunkt hofften noch viele, dass Trump nun verkünden würde, dass es eine konkrete Vereinbarung gibt. Eine Hoffnung, die der US-Präsident innerhalb von drei Minuten zunichtemachte. „Wir haben uns in vielen Punkten geeinigt – in den meisten, würde ich sagen“, erklärte Trump, ohne diese jedoch weiter auszuführen. „Ein paar wichtige Punkte sind noch nicht ganz geklärt. Einer ist wahrscheinlich der Wichtigste, aber wir haben Fortschritte erzielt, große Fortschritte.“ Er endete mit dem nichtssagenden Satz: „Es gibt keinen Deal, bis es einen Deal gibt.“
Trump versprach noch, Präsident Selenskyj und die Nato-Mitglieder über den Stand der Gespräche zu informieren. Dann verließen er und Putin den Raum, ohne noch eine einzige Frage der herein rufenden Reporter zu beantworten.
Sorge in der Ukraine – Jubel in Moskau
So pompös der Gipfel begonnen hatte, so hektisch wurde er zu Ende gebracht. Die Fragen, die sich am drängendsten stellen, wurden unbeantwortet gelassen. Allen voran, welche Fortschritte die beiden Staatschef wirklich gemacht haben – und wie es nun im Ringen um ein Kriegsende in der Ukraine weitergeht.
Der Einzige, der Gelegenheit bekam, noch einmal persönlich mit dem Präsidenten zu sprechen, war der Fox-News-Moderator Sean Hannity. In einem kurzen Interview vor seiner Abreise beschrieb Trump das Gespräch mit Putin als „eine glatte 10“. „Ich glaube, wir sind ziemlich nah an einem Deal.“ Zugleich betonte Trump, dass Selenskyj noch zustimmen müsse. Auf die Frage Hannitys, was er dem ukrainischen Präsidenten nun raten würde, erwiderte Trump: „Schließ den Deal ab. Du musst den Deal abschließen.“ Russland sei eine „sehr große Macht“, die Ukraine nicht.
Viele Ukrainer sehen damit ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. In Russland hingegen wird der Gipfel als voller Erfolg gefeiert. Russische Fernsehsender zeigten die herzliche Begrüßung Trumps in Dauerschleife. Schon jetzt ist von einem „historischen Handschlag“ die Rede. Die Botschaft hier ist klar: Putin ist zurück auf der Weltbühne.
Putin zu Trump: „Das nächste Mal in Moskau?“
Für Trump jedoch dürfte es schwierig werden, diesen Gipfel als Erfolg zu verkaufen. Rund sechs Stunden war der US-Präsident von Washington nach Alaska gereist, um Frieden zu stiften – und seinem heißbegehrten Friedensnobelpreis ein Stückchen näherzukommen. Er rollte den roten Teppich aus, beklatschte Putin und überließ ihm sogar das erste Wort. Am Ende bleibt ihm jedoch kaum mehr als das Versprechen, den Kremlchef wiederzusehen.
„Wir werden uns wahrscheinlich bald wieder treffen“, sagte Trump auf der Pressekonferenz. Darauf erwiderte Putin auf Englisch: „Das nächste Mal in Moskau?“
„Oh, das ist interessant“, antwortete Trump. „Es wird mir wohl etwas Ärger einbringen, aber ich könnte mir vorstellen, dass es klappt.“