Im Juli 2023 wird ein Mann in Lichtenstein brutal mit mehreren Axthieben erschlagen. Dafür steht nun ein 41-Jähriger erneut vor Gericht. Warum der Fall neu aufgerollt wird.
Gewaltexzess mit der Spaltaxt: Vor zwei Jahren soll ein heute 41-Jähriger seinen früheren Fußballtrainer brutal erschlagen haben. Nun sitzt er im Landgericht Zwickau auf der Anklagebank. Wieder. Denn das Gericht hatte den Deutschen im Mai 2024 bereits wegen Totschlags zu einer Haftstrafe verurteilt.
Doch der Fall muss nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs komplett neu aufgerollt werden. So sitzt der athletische Mann erneut vor Gericht, den Kopf gesenkt, die Hände vor sich gefaltet. Der 41-Jährige spricht leise, wenn er auf die Fragen des Richters antwortet, manchmal wischt er sich Tränen aus den Augen.
Den Axtangriff räumt er ein. Das Opfer habe ihn als Jugendlichen zweimal sexuell missbraucht, erklärt seine Anwältin Ines Kilian. Der Gewaltausbruch in Lichtenstein (Landkreis Sachsen) sei für ihn dennoch unbegreiflich und unfassbar: „Er kann es bis heute nicht fassen, wie er zu solch einer Tat fähig war.“
Wurde der Angeklagte von seinem Trainer missbraucht?
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Mord vor. Er habe seinen Ex-Trainer am 5. Juli 2023 in seine Wohnung gelockt. Als der auf der Couch saß, habe er ihn hinterrücks attackiert. Dazu habe er ihm fünfmal die Spaltaxt auf den Kopf geschlagen. Jeder einzelne der hart geführten Hiebe sei geeignet gewesen, den Mann zu töten, konstatiert Staatsanwältin Barbara Gremm. Sie spricht von einem heimtückischen Vorgehen aus niedrigen Beweggründen. Damit habe er sich für „vermuteten“ Missbrauch rächen wollen.
Die Anklage spricht von vermuteten Missbrauch, denn der Angeklagte hatte 2011 bei einem Unfall einen vollständigen Gedächtnisverlust erlitten. Ihn hätten später jedoch Alpträume geplagt und bei einer Begegnung mit seinem früheren Trainer will er in ihm seinen Peiniger wiedererkannt haben. Inzwischen erinnere er sich sehr klar an die sexuellen Übergriffe, so Verteidigerin Kilian.
Auch ein neuer psychiatrischer Sachverständiger ließ vor Gericht bereits durchblicken: Für ihn gebe es mit Blick auf diese Übergriffe keinen Zweifel daran, dass es sich um tatsächlich Erlebtes handle. Sein Gutachten wird er aber erst an einem späteren Verhandlungstag vorstellen.
Bundesgerichtshof kassiert erstes Urteil
Die 1. Große Strafkammer hatte den Mann im Mai 2024 wegen Totschlags zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Gericht ging damals wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung von verminderter Schuldfähigkeit aus, von einer klassischen Affekttat war die Rede. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen auf Mord plädiert und eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert, die Verteidigung einen Freispruch wegen Schuldunfähigkeit.
Doch der erste Richterspruch hatte keinen Bestand, sodass der Gewaltexzess nun vor einer anderen Kammer des Landgerichts komplett neu verhandelt werden muss. Auf Revision der Staatsanwaltschaft hin hatte der Bundesgerichtshof das erste Urteil kassiert. Es weise einige Rechtsfehler auf, hieß es zur Begründung. Für den neuen Prozess sind vorerst vier weitere Verhandlungstage bis 19. August geplant.