Opfer sexualisierter oder häuslicher Gewalt sind oft nicht gleich bereit, ein Delikt anzuzeigen. Die Beweise können aber gesichert werden – eine Anzeige hat Zeit.
Wer Gewalt erfahren hat, kann sich in Sachsen-Anhalt im Rahmen einer vertraulichen Spurensicherung untersuchen lassen und später über eine Anzeige entscheiden. Das Angebot gebe es jetzt in acht Kliniken und damit nahezu flächendeckend im Land, teilte das Sozialministerium in Magdeburg mit. Damit sei das Hilfenetz für Betroffene sexualisierter und häuslicher Gewalt ausgeweitet. Zusätzlich zu den Unikliniken in Halle und Magdeburg gibt es die vertrauliche Spurensicherung nun auch in Wittenberg, Weißenfels, Stendal, Sangerhausen, Merseburg und Dessau-Roßlau.
Bei der vertraulichen Spurensicherung werden Beweise am Körper und der Kleidung der Betroffenen gesichert, dokumentiert und bis zu 30 Jahre lang aufbewahrt. Entschieden sich die Betroffenen während dieser Zeit für eine Anzeige, könnten sie der Polizei erlauben, auf die eingelagerten Beweise zurückzugreifen, so das Ministerium.
Betroffene sollten sich bestenfalls unmittelbar nach der erfahrenen Gewalt in den Notaufnahmen der Kliniken melden und um eine vertrauliche Spurensicherung bitten. Ärzte und medizinisches Personal unterliegen der Schweigepflicht. Nicht einmal die Krankenkasse erfährt, dass das Angebot in Anspruch genommen wurde. Die Abrechnung erfolgt anonymisiert.
„Menschen, die Gewalt erfahren haben, benötigen oftmals etwas Zeit, bis sie weitere Schritte einleiten können“, erklärte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). „Außerdem kostet es Mut und Kraft, sich zur Wehr zu setzen. Mit der vertraulichen Spurensicherung geben wir den Betroffenen Zeit, diesen Mut zu finden, und nehmen ihnen zugleich den Druck, sich sofort entscheiden zu müssen.“