Neue Staffel „Wednesday“: Jenna Ortega: Die verwirrendste Frau Hollywoods?

Endlich! Die Netflix-Erfolgsserie „Wednesday“ geht in die nächste Runde – und verspricht vor allem für Titelheldin Jenna Ortega ein weiterer Karrieresprung zu werden.

Sie werden so schnell groß. Mir nichts, dir nichts brauchen sie neue Klamotten, die Schuhe drücken. Der Schlagring klemmt plötzlich und ein größeres Schwert darf es auch gern sein. Die Sommerferien sind vorbei, an der Nevermore Academy beginnt ein neues Semester. Für Wednesday Addams alias Jenna Ortega bedeutet das: zurück auf die Schulbank. Und wenn es darauf ankommt, magische Kräfte anwenden oder abwehren. Gegen übergriffige Kommilitonen, die nervigen Lehrkräfte und die Krähen, denn die – das war schon bei den Eulen von „Twin Peaks“ der Fall – sind nicht, was sie scheinen.

In der wirklichen Welt sind bereits drei Jahre vergangen. Eine kleine Ewigkeit, gerade dort, wo ohnehin nur wenig ist, was es scheint – in Hollywood. Im November 2022 hatte die Netflix-Serie „Wednesday“ einen historisch erfolgreichen Start hingelegt, den zweitbesten einer Streaming-Produktion überhaupt, getoppt nur noch vom Blockbuster-Franchise „Stranger Things“. Doch statt zügig danach den Faden wiederaufzunehmen, geriet das Film- und Fernsehbusiness durch den Autorenstreik im darauffolgenden Jahr erst einmal ins Stocken.

Für Jenna Ortega, die Titelheldin des Ablegers der legendären „Addams Family“-Reihe, Zeit genug, um weiter an der Karriereschraube zu drehen. Doch irgendwie hakt es im Getriebe der 22-Jährigen. Mit Werbespots für eine Burgerkette hatte es bei ihr als Kind angefangen. Es folgten Rollen in Disney-Produktionen, einige Sitcoms. Für ihre Rolle der Tara Carpenter im zigsten „Scream“-Sequel erhielt sie einen MTV-Award, die Kategorie: „Most Frightened Performance„.

Die Rolle für Wednesday ergatterte sich Ortega via Zoom

Nicht das erste Mal, dass Ortega ihr Publikum das Fürchten lehrt. Im Slasher-Film „X“ war sie an die Grenzen und darüberhinaus gegangen, eine Orgie aus literweise Kunstblut, explizitem Sex und durchgeknallten Typen. Während der Dreharbeiten ergattert sie die Rolle als Wednesday – via Zoom. So eindrucksvoll trägt sie einen vierseitigen Monolog aus dem Drehbuch vor, dass die Showrunner Alfred Gough und Miles Millar nicht einmal im selben Raum mit Ortega sein müssen, um von ihrer Aura gefesselt zu sein.

Die Entscheidung erweist sich als goldrichtig. Die erfahrenen Autoren wollten die Geschichte des von Charles Addams in den 30er-Jahren ersonnenen Horror-Clans weiterdrehen. Im Kern erkennbar, aber mit einem neuen Twist. Jenna Ortega als Wednesday, als übersinnlich begabte Schülerin an der Nevermore Academy, diesem Horror-Hogwarts voller Mumien, Monstren, Mutationen – ein Einschaltquoten pulverisierendes Vergnügen, in dem Gothic und Grusel auf Teenage Angst und Popkultur treffen.

Was nach Selbstgänger aussieht, ist in Wahrheit eine hochkomplizierte Rechnung mit zahlreichen Unbekannten. Eine Erfahrung, die auch Ortega in der Zwischenzeit machen muss. Keine andere Schauspielerin dieser Tage würde so verwirrende Entscheidungen treffen wie Jenny Ortega, heißt es beim britischen „Far Out Magazine“. Im wirklichen Leben liebt sie Filme wie Kubricks „Barry Lyndon“, den Wenders-Klassiker „Paris, Texas“, den französischen Stummfilm „Die Passion der Jungfrau von Orléans“ von 1928. Jeanne d’Arc, eine ihrer absoluten Traumrollen, sagt sie. Tatsächlich spielt sie in leichtgewichtigen Liebesfilmen wie „Winter, Spring, Summer or Fall“ mit, ist im mäßig unterhaltsamen Thriller „Finestkind“ zu sehen. Den Mystery-Murks „Hurry Up Tomorrow“, von und mit The Weeknd, verbucht das Tomatometer auf rottentomatoes.com mit 14 Prozent. Viel weniger geht nicht. Dafür aber durchaus viel, viel mehr. Mit veritablen 75% steht an selber Stelle ihr Film „BeetlejuiceBeetlejuice“ zu Buche, das verbindende Element: Regisseur Tim Burton, der auch einige „Wednesday“-Episoden beider Staffeln inszeniert.

Burton ist ausgewiesener Ortega-Fan. Niemand würde das gesamte Set so im Blick haben wie Ortega, erzählte der 67-Jährige dem „Hollywood Reporter“, ihre Intensität sei mit nichts zu vergleichen. Eine Art künstlerischer Kontrollzwang vielleicht, der als Selbstschutz dienst. Ortega hadert von je her mit den Unwägbarkeiten des Showbiz, sie fühle sich oft missverstanden, es sei mittlerweile fast so, als gehöre ihre nicht einmal mehr ihr Name. Ein Grund, warum sie sich in mittelmäßige Produktionen zurückzieht, Filme, die nicht viel Staub aufwirbeln?

„Wednesday“, ab 6. August auf Netflix, 2,5 von 5 Sternen
© Netflix / dpa

Mit der zweiten Staffel von „Wednesday“ dürfte das anders aussehen. Die Spannung ist groß, nicht zuletzt wegen des aufsehenerregenden Casts. Neben Größen wie Steve Buscemi und Christopher Lloyd ist auch Lady Gaga als Lehrerin Rosaline Rotwood dabei, in puncto Casting ein echter Coup. Die Oscar-Preisträgerin geht in Serie – Gaga-Fan Tim Burton hofft bereits auf ein nächstes Mal. Ob es der Vielzahl der Stars, dem Erwartungsdruck – der langen Zeit – geschuldet ist, dass „Wednesday“ diesmal nicht so vehement verfängt wie beim ersten Mal? Es knallt und zischt, es mutiert mysteriös, die Schauwerte sind famos, das Dauerfeuer jedoch etwas ermüdend. Erst kurz vorm Cliffhanger kommt das Ganze wieder besser in die Spur. Und wie geht es mit Jenna Ortega weiter? Die ist demnächst an der Seite von Natalie Portman und Daniel Brühl in „The Gallerist“ zu sehen, mit Amy Adams im SciFi-Thriller „Klara AndThe Sun„. Und in „Wednesday 3“. Die nächste Staffel ist bereits unter Dach und Fach.