Sachsen-Anhalt: Früherer Ministerpräsident Böhmer mit 89 Jahren gestorben

Sachsen-Anhalts früherer Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) ist am Wochenende im Alter von 89 Jahren gestorben. Politiker würdigten Böhmer am Montag parteiübergreifend für dessen Verdienste. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete den Christdemokraten als „Garant des Ausgleichs“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Böhmer, der von 2002 bis 2011 Regierungschef in Sachsen-Anhalt war, als „Brückenbauer zwischen Ost und West, zwischen Tradition und Aufbruch“.

Steinmeier erklärte, als Arzt und später als Politiker habe Böhmer sein leben lang Verantwortung für andere Menschen übernommen. In Zeiten großer, oft auch schmerzhafter Veränderungen habe er „einen auf Ausgleich und Augenmaß bedachten Politikstil“ geprägt.

Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) hob Böhmers Engagement für den Aufbau Ostdeutschlands hervor. Damit habe er „in ganz Deutschland Maßstäbe gesetzt und das Zusammenwachsen Deutschlands mitgeprägt“, erklärte die saarländische Ministerpräsidentin.

Haseloff betonte, Böhmer habe sich um „die Bewahrung von Traditionen ebenso wie die Modernisierung unseres Landes“ verdient gemacht. Durch die Authentizität seiner Persönlichkeit sowie Eigenwilligkeit und Beharrlichkeit sei es ihm gelungen, „den Menschen weit über alle Parteigrenzen hinaus das Vertrauen in die Politik zu bewahren“.

Sachsen-Anhalts CDU-Landeschef Sven Schulze erklärte, Böhmer sei „nicht nur ein kluger Politiker, sondern auch ein Mensch mit Haltung und Format“ gewesen. Die Bundes-CDU erklärte, mit ihm verliere die Union „einen Christdemokraten, der sich um unser Land und unsere Partei verdient gemacht hat“.

Auch Vertreter anderer Parteien hoben seine Verdienste hervor. Sachsen-Anhalts FDP-Chefin Lydia Hüskens nannte Böhmer „eine bedeutende Identifikationsfigur“. Die Grünen bezeichneten ihn als aufrechten Demokraten und würdigen Landesvater. Die SPD-Landesvorsitzenden Juliane Kleemann und Andreas Schmidt würdigten Böhmer als „Politiker alten Zuschnitts – verlässlich im Wort, verbindlich im Ton und unerschütterlich in der Haltung“. Die Linke betonte, Böhmer habe weit über seine Amtszeit hinaus „ein hohes Ansehen und eine große Autorität“ genossen.

Wie viele ostdeutsche Politiker war Böhmer ein politischer Quereinsteiger. Bis zur Wende widmete sich der in der Oberlausitz geborene Sohn eines Landwirts ausschließlich der Medizin. Nach Studium und Promotion arbeitete der Gynäkologe zunächst in der Frauenklinik Görlitz, bevor er als Chefarzt an das Krankenhaus Wittenberg wechselte.

Seine politische Laufbahn begann Böhmer 1990 als Landtagsabgeordneter. Dem Landesparlament in Magdeburg gehörte er mit Unterbrechungen bis 2011 an. Von 1991 bis 1993 war Böhmer Finanzminister in der vom damaligen Ministerpräsidenten Werner Münch (CDU) geführten Landesregierung. Nach dessen Rücktritt gehörte er von 1993 bis 1994 als Minister für Arbeit und Soziales dem von Christoph Bergner (CDU) geleiteten Kabinett an.

Nach der Regierungsübernahme der SPD blieb Böhmer Mitglied des Landtags. Zeitweise war er auch dessen Vizepräsident sowie von 2001 bis 2002 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Von 1998 bis 2004 war er zudem CDU-Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt.

Nachdem die Christdemokraten die Landtagswahl 2002 gewonnen hatten, führte Böhmer als Regierungschef zunächst eine Koalition aus CDU und FDP, ab 2006 dann eine schwarz-rote Koalition. Zur Landtagswahl 2011 trat der damals 75-Jährige nicht mehr an. Der damalige Wirtschaftsminister Haseloff wurde sein Nachfolger als Ministerpräsident und regiert bis heute.