Missbrauch an Schule in Frankreich: Kommission sucht Opfer

Nach Bekanntwerden des bislang größten Missbrauchsskandals an einer katholischen Schule in Frankreich sucht eine unabhängige Untersuchungskommission seit Montag nach möglichen weiteren Opfern. Die Kommission befragt zudem die ehemaligen Schülerinnen und Schüler, die bereits öffentlich Vorwürfe sexueller und körperlicher Gewalt an der Bétharram-Schule in Südfrankreich erhoben haben. 

Die meisten der Fälle sind verjährt, aber die Betroffenen sollen dennoch entschädigt werden. Die Bétharram-Ordensgemeinschaft, zu der 260 Geistliche zählen, darunter 32 in Frankreich, hatte im März ihre „Verantwortung“ für die von etwa 200 ehemaligen Schülerinnen und Schülern bekannt gemachten Missbrauchsfälle eingeräumt. 

Sie finanziert nun ein Team aus zwölf Referenten, die ein Jahr lang die Vorwürfe der Betroffenen aufnehmen und nach möglichen weiteren Opfern suchen soll. „Es geht darum, die individuellen Gewaltakte als kollektives Phänomen zu verstehen und Lehren daraus zu ziehen“, sagte der Kommissionsvorsitzende Jean-Pierre Massias. 

Eine kirchliche Kommission hat bislang 17 Opfern der Bétharram-Schule Entschädigungen in Höhe von insgesamt 700.000 Euro zuerkannt. Dabei sollen nicht nur die Opfer von Ordensmitgliedern, sondern auch von sonstigen Mitarbeitern der Schule entschädigt werden. Der Orden soll dafür seine Immobilien veräußern. 

Der Fall hatte auch deswegen hohe Aufmerksamkeit erhalten, weil Frankreichs Premierminister François Bayrou eng mit der Schule verbunden ist. Er steht im Verdacht, in seinen früheren Funktionen von den Missbrauchsvorwürfen gewusst, aber nicht angemessen gehandelt zu haben. Bayrou wies die Vorwürfe bei der Anhörung in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zurück, ohne sie entkräften zu können. 

Drei seiner sechs Kinder besuchten die Schule, seine Frau gab dort zeitweise Religionsunterricht. Eine der Töchter Bayrous erklärte kürzlich, ebenfalls Opfer körperlicher Gewalt gewesen zu sein. Sie warf ihrem Vater vor, dass er damals die Situation nicht habe wahrhaben wollen.