Der Mythos vom Monsterfisch: Wie gefährlich sind Welse für Menschen?

Ein riesiger Wels wurde in Bayern von der Polizei erschossen. Der Fisch hatte fünf Badegäste gebissen. Wie gefährlich ist das Tier? Ein Faktencheck

Mit seinem breiten Maul und einer Länge von bis zu drei Metern bietet der Wels Stoff für Schauergeschichten: Urplötzlich und urgewaltig soll der Riesenfisch vom Seegrund auftauchen und badende Kinder in die Tiefe ziehen. Derart fatale Angriffe gehören ins Reich der Ammenmärchen. 

Zwar kommt es in seltenen Fällen schon einmal zu Attacken mit Bisswunden. Aus Sicht des Welses dann aber eher als Verteidigungsmaßnahme, etwa wenn Schwimmende einem Nest zu nahe kommen. Trotzdem flößen die Riesentiere jenen, die ihnen begegnen, gehörigen Respekt ein.

Erst Mitte Juni 2025 erschoss die Polizei einen rund zwei Meter langen Wels im bayerischen Brombachsee bei Pleinfeld, weil das Tier auffällig geworden war. Der rund 90-Kilogramm-Koloss hatte immer wieder Badegäste im See angegriffen, deren Wunden noch vor Ort versorgt werden mussten. 

Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Teilen Europas finden sich in manchen Gewässern riesige Welse mit stattlichen Ausmaßen. So sorgten bereits Mitte Mai dieses Jahres Bilder und Videos des italienischen Speerfischers namens Marco Brognoli europaweit für Aufsehen, die ihn mit einem rund drei Meter langen Europäischen Wels im Gardasee zeigen. Dem Online-Portal „Il Dolomiti“ erzählte er, dass er in den letzten Jahren immer häufiger solchen kapitalen Exemplaren begegne. Er sorge sich vor allem darum, welche Auswirkungen die invasive Art auf das Ökosystem des Gardasees habe. „Wenn Welse so groß werden, können sie alles fressen: Enten, Kormorane, sogar Kleintiere wie die kleinen Hunde von Touristen könnten in Gefahr sein, wenn diese Fische weiter wachsen.“

Enten, Tauben, Artgenossen: Der Wels frisst sie alle

Tatsächlich ist der größte ständig im Süßwasser lebende Fisch Europas ein gefräßiger Räuber, der wenig verschmäht, sofern er es bewältigen kann. Er schnappt nach Fischen, Fröschen und Krebsen, nach Würmern, Insekten und Schnecken. Forschende warnen vor „stark nachteiligen Auswirkungen auf einheimische Fischgemeinschaften“, wenn sich die anpassungsfähige Art ungehemmt vermehrt.

Manche Welse haben es auf Enten abgesehen, andere wuchten ihren massigen Leib ans Ufer, um unachtsame Tauben zu erbeuten. Eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahr 2022 erkundete in einem Naturschutzgebiet am italienischen Iseosee, welche Rolle Wasservögel dort im Speiseplan der Fische spielen. Das Ergebnis: Im Durchschnitt machten Vögel, insbesondere Küken, gut ein Achtel der Nahrung aus – zumindest bei Welsen, die einen Meter und mehr maßen.

Selbst seinesgleichen findet Silurus glanis schmackhaft. Kannibalismus ist unter Welsen keine Seltenheit. Ob sie wirklich kleine Hunde verschlingen, ist hingegen ungewiss. 2001 erlangte der „Killerwels Kuno“ Berühmtheit, als er angeblich am Volksgarten-Weiher in Mönchengladbach einen Dackelwelpen verschlang. Eine ältere Frau und zwei Kinder bezeugten den Tathergang, der Besitzer des Hundes meldete sich jedoch nie. Gut möglich, dass diese und weitere Sichtungen ins Reich der urbanen Mythen gehören.

Meist geht der riesige Fisch im nachtschwarzen Wasser auf Jagd

Auf Jagd geht der Wels oder Waller (beide Namen gehen übrigens – wie das Wort Wal – auf das germanische „hwala“ zurück) am liebsten nach Einbruch der Dämmerung. Seine Augen braucht der Räuber dabei kaum. Stattdessen verlässt er sich im nachtschwarzen Wasser ganz auf seine anderen Sinne.

Mit außergewöhnlich gutem Gehör lauscht der Jäger nach verlockenden Lauten und erschnuppert mit hochsensibler Nase feinste Noten appetitlicher Düfte, die in der Strömung treiben. Zudem sitzen zahlreiche Tast- und Geschmackssensoren im und um das Maul herum, an den Flossen, an der Kopfhaut, am Vorderkörper. Und auch an den beiden auffälligen länglichen Barteln, mit denen der bis zu 150 Kilo schwere Kaventsmann seine Umgebung förmlich nach Beute sondiert. Schauergeschichten könnten sich berechtigterweise also eher eine ganze Reihe von Wassertieren erzählen.

Der Wels schwimmtMenschen lieber aus dem Weg

Trotz seiner imposanten Erscheinung gilt der Wels grundsätzlich als scheu. Er meidet den Kontakt zu Menschen und verbringt den Tag meist versteckt am Grund von Seen oder Flüssen und wird erst in der Dämmerung aktiv. Ein Vorfall wie der jüngste am bayerischen Brombachsee, bei dem ein großer Wels mehrere Badegäste verletzte, stellt eine absolute Ausnahme dar. In diesem Fall vermuten Fachleute, dass das Tier sich bedroht fühlte und seinen Nachwuchs schützen wollte.