Vertuscht, verdrängt, verschwiegen: Eine Studie offenbart erschreckenden Umgang mit sexuellem Missbrauch im Bistum Speyer. Wie reagieren Betroffene?
Nach Veröffentlichung der Studie zum sexuellen Missbrauch im Bistum Speyer hat der Vorsitzende des Betroffenenbeirats, Bernd Held, die Bitte von Bischof Karl-Heinz Wiesemann um Vergebung begrüßt. Wiesemann bemühe sich aufrichtig um die Untersuchung der Verbrechen, sagte Held der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich betonte er, dass der Aufarbeitungsprozess damit keineswegs abgeschlossen sei. Die Studie sei ein wichtiger Schritt – doch müssten nun konkrete Maßnahmen folgen.
„Bischof Wiesemann hat ja selbst gesagt, dass es keinen Schlussstrich geben könne“, sagte Held. Die Ergebnisse der Mannheimer Historikerin Sylvia Schraut müssten in praktische Konsequenzen münden, damit die Anerkennung des Leids nicht nur symbolisch bleibe. Held forderte insbesondere einen transparenten Umgang mit weiteren Akten und eine konsequente Umsetzung von Empfehlungen aus der Studie.
Mahnmal für Betroffene
Positiv bewertete Held das Vorhaben des Bistums, ein Mahnmal für die Betroffenen in Speyer zu errichten. „Ein öffentlich sichtbares Zeichen der Erinnerung ist überfällig und kann ein Baustein der Wiedergutmachung sein.“ Es sei wichtig, die Perspektive der Betroffenen nicht aus dem Blick zu verlieren – auch im öffentlichen Raum. Das geplante Mahnmal könne helfen, das Thema dauerhaft im Bewusstsein der Gesellschaft zu verankern.
Zugleich warnte Held vor einem rein symbolischen Umgang mit der Studie. „Aufarbeitung bedeutet mehr als Worte – sie braucht Strukturen, Ressourcen und die Bereitschaft, Machtmechanismen zu hinterfragen“, so der Vorsitzende des Betroffenenbeirats. Auch die Frage, wie die Kirche künftig mit neuen Vorwürfen umgeht, müsse klar geregelt werden. Nur so könne verlorenes Vertrauen langsam zurückgewonnen werden.
Derzeit 150 Beschuldigte
Die Studie, die in Gänze in zwei Jahren vorliegen soll, war am 8. Mai vorgestellt worden. In dem ersten Teil wird betont, dass kirchliche Strukturen sexuellen Missbrauch im Bistum Speyer maßgeblich begünstigt haben. Bischof Wiesemann hatte sich daraufhin in einer persönlichen Erklärung an die Betroffenen gewandt und um Vergebung gebeten.
Zuletzt ging das Bistum bei den Beschuldigten von 109 Geistlichen sowie 41 Nichtklerikerinnen und Nichtklerikern aus. Rund die Hälfte der Taten fand demnach in den 1950er und 1960er Jahren statt – oft in kirchlichen Heimen für Kinder und Jugendliche, auch durch Nonnen oder Erzieherinnen. Etwa die Hälfte der Fälle wurde erst nach dem Jahr 2000 bekannt. Bis heute wurden rund 3,6 Millionen Euro inklusive Therapiekosten an 96 Betroffene gezahlt.