Das Museum am Kiekeberg beleuchtet die Nachkriegsgeschichte im Norden mit original historischen Gebäuden. Eine Flüchtlingsbude ohne Wasseranschluss diente vielen Hamburgern, die alles verloren hatten.
Beengt, aus Holzbauteilen zusammengeschustert und ohne sanitäre Einrichtung: Kleine Behelfsheime auf dem Land dienten in den letzten Kriegsjahren als Notunterkunft für viele Hamburger Familien. „Das sind zwölf Jahre Nationalsozialismus hier in der Region auf 20 Quadratmetern“, erläutert Stefan Zimmermann, Direktor des Freilichtmuseums am Kiekeberg. Das historische Originalgebäude der „Ley-Bude“ aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs sei ein Glücksfall.
Sie sei ein seltenes Gebäude aus den letzten Kriegsjahren, das in der Bevölkerung den abschätzigen Rufnamen in Anlehnung an den Reichswohnungskommissar Robert Ley bekam. Der nationalsozialistische Funktionär war für die Wohnraumbewirtschaftung verantwortlich. Über die Entstehung und Nutzung vieler dieser Gebäude ist nur wenig dokumentiert.
Wissenschaftler am Aufbau beteiligt
Die in Tarnfarbe dunkelrot gehaltene Hütte stand bis 2022 versteckt in der Lindhorster Heide (Gemeinde Seevetal). Der Besitzer nutzte sie zuletzt als Wochenendheim. Der Aufbau am Kiekeberg wurde von wissenschaftlichen Forschungsarbeiten begleitet, Gespräche mit Zeitzeugen ergaben ein Bild der damaligen Lebenssituation.
Aufgrund der lückenhaften Dokumentation in der letzten Kriegsphase war es schwierig, die Anzahl der Behelfsheime im Großraum Hamburg zu beziffern. „Oft gibt es in den Familien auch keine Erinnerungen und Erzählungen zu dieser schwierigen Lebensphase“, so Zimmermann. Vermutlich habe es viele dieser Mini-Buden gegeben.
Kühlschrank in der Erde
In den beiden Räumen werden der gesellschaftliche Wandel nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und die Kriegsfolgen sowie der Alltag der Geflüchteten dokumentiert. Viele Buden entstanden in Eigenleistung, dazu gehörte etwas Fläche zur Eigenversorgung. In den meisten Modellen für bis zu sechs Personen wurde ein Erdloch im Fundament freigelassen, um Lebensmittel zu kühlen.
Zunächst zwischen 1943 und 1945 waren die kleinen Häuschen vor allem für Ausgebombte und Evakuierte eine Zuflucht. Luftangriffe der Alliierten machten Millionen Großstadtbewohner obdachlos. Später dienten die „Ley-Buden“ im ganzen Land auch als Gartenhütten oder Hühnerställe.
„In der Hoffnung auf einen siegreichen Kriegsausgang sollte diese Wohnsituation nur eine vorübergehende sein, versprach die nationalsozialistische Propaganda“, erklärt Zimmermann. „Danach sollte hier der Endsieg abgewartet werden, das ist aus heutiger Sicht zynisch.“ Die NS-Behörden hätten die Genehmigungen unbürokratisch erteilt.
Ein Blick in die Zeit des Zweiten Weltkriegs
Am Eröffnungswochenende bietet das Museumsteam Führungen durch die neue Dauerausstellung „Harburg unterm Hakenkreuz. Ein Landkreis von 1933 bis 1945“ an. Bis Sonntag zeigen etwa 60 Darsteller und Darstellerinnen auf dem Museumsgelände das Ankommen von Geflüchteten, Einheimischen und die Bemühungen der britischen Besatzungsbehörden, den Alltag für die Menschen kurz nach Kriegsende zu organisieren.