Erfinder der Abtreibungspille mit 98 Jahren gestorben

Der Erfinder der Abtreibungspille ist tot: Der französische Mediziner und Forscher Étienne-Émile Baulieu starb am Freitag im Alter von 98 Jahren in seinem Wohnsitz in Paris, wie seine Ehefrau Simone Harari Baulieu der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. Baulieu erlangte vor allem für seine Arbeit an Steroidhormonen und die Erfindung der Abtreibungspille RU 486 weltweite Berühmtheit. 

Seine Forschungsarbeit sei „von seinem Engagement für den durch die Wissenschaft ermöglichten Fortschritt, seinem Einsatz für die Freiheit der Frauen und seinem Wunsch, allen Menschen ein besseres und längeres Leben zu ermöglichen“, geprägt gewesen, erklärte Simone Harari Baulieu.

„Étienne-Emile Baulieu wurde sein ganzes Leben lang von einem Anspruch geleitet: dem der Menschenwürde“, schrieb die Gleichstellungsministerin Aurore Bergé im Onlinedienst X. 

Der am 12. Dezember 1926 in Straßburg im Osten Frankreichs als Sohn jüdischer Eltern geborene Etienne Blum nahm im Alter von nur 15 Jahren bei seinem Eintritt in die Widerstandbewegung gegen die Nationalsozialisten den Namen Émile Baulieu an. 

Der Doktor der Medizin, Doktor der Naturwissenschaften und Endokrinologe gründete im Jahr 1963 die Forschungsabteilung 33 am Institut national de la santé et de la recherche médicale (Inserm), die sich ganz der Erforschung von Hormonen verschrieb. Baulieu leitete die Abteilung bis 1997 und arbeitete dort bis zu seinem Tod.

1982 entwickelte Baulieu die Abtreibungspille RU 486. Diese Erfindung revolutionierte das Leben von Millionen Frauen weltweit, indem sie ihnen die Möglichkeit einer freiwilligen medikamentösen Schwangerschaftsunterbrechung bot. Baulieu sah sich deswegen regelmäßig heftiger Kritik und Drohungen durch Abtreibungsgegner ausgesetzt.

Seine Forschungen an dem Steroidhormon DHEA, dessen alterungshemmende Wirkung er entdeckt hatte, führten ihn zur Arbeit mit Neurosteroiden – Steroiden des Nervensystems. 

Baulieu entwickelte auch eine Behandlung zur Bekämpfung von Depressionen, die derzeit in mehreren Universitätskliniken klinisch getestet wird.

2008 gründete er das Institut Baulieu, das sich der Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer widmet. 

Baulieu wurde mit dem Lasker-Preis, der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung der USA, geehrt. Er war in zweiter Ehe mit Simone Harari verheiratet und Witwer von Yolande Compagnon. Er hinterlässt drei Kinder, acht Enkelkinder und neun Urenkel.