TV-Ausblick: Ist das Böse vererbbar? Eindrucksvoller „Polizeiruf“

Mit einer Jagd auf zwei Tierschützerinnen startet die Folge aus Rostock. Ein möglicher Täter ist schnell ausgemacht – und gesteht nach nicht mal einer Stunde. Krimi-Kenner wissen: Das ist verdächtig.

Seine Mutter hält ihn für ein Monster. „Er hat diese Wut“, sagt sie den Kommissarinnen Katrin König und Melly Böwe über ihren Sohn. „Die hat er schon immer.“ Manchmal habe sie richtig Angst vor ihm. 

Milan ist Ergebnis einer Vergewaltigung durch einen mehrfachen Frauenmörder. „Ich liebe mein Kind“, beteuert Eva Greuner, als die Rostocker Ermittlerinnen in seinem Zimmer ein Glas mit Patronen finden. „Aber wenn ich nochmal die Wahl hätte, dann würde ich ihn nicht bekommen.“ Sie hat Alpträume von ihrem Sohn.

Geständnis nach nicht mal einer Stunde

Dass ihr Sohn im Wald bestialisch Jagd auf zwei Tierschützerinnen gemacht und eine dabei erschossen hat – davon ist die Mutter überzeugt. Der junge Mann hört alles mit – tritt hervor und sagt: „Sie hat recht, ich habe die Frau erschossen.“

Der neue „Polizeiruf 110″ geht am heutigen Sonntag (25.5., 20.15 Uhr) der Frage nach, ob die Gene das Verhalten bestimmen. Er trägt den düsteren Titel „Böse geboren“.

Im Fall von Milan scheint die Antwort allen klar zu sein. Die Mutter glaubt es. Die Nachbarschaft glaubt es. Auch er scheint es zu glauben. 

Die Kamera begleitet ihn ruhig: In seinem Zimmer – die Wände wortwörtlich plakativ mit düsteren Zeichnungen zugeklebt. Im Wald, wie er ein erschossenes Reh vergräbt. Und wie er seine Mutter ins Visier nimmt. Doch als Milan gesteht, sind gerade mal 55 Minuten vergangen. Da ist noch Zeit für das Polizei-Team.

Publikum erfährt mehr über Böwes Geheimnis

Die Ermittlerinnen arbeiten zwar konsequent am Fall. Doch die Stimmung ist merklich angespannt. Melly Böwe (Lina Beckmann) kämpft derweil privat mit einer Frage, die ihre Tochter umtreibt: Die will nach Jahren endlich wissen, wer ihr Vater ist. Ob das etwas mit ihren Gefühlsausbrüchen, ihrer Aggressivität zu tun hat.

Zwei ähnliche Konstellationen. „Die Geschichte zeigt, dass es nur ein bisschen andere Grundvoraussetzungen braucht, damit die Leben zweier Menschen komplett anders verlaufen“, sagt Schauspielerin Anneke Kim Sarnau laut Presseheft. Als Kommissarin König gerät sie zwischen die Böwe-Frauen. 

Beckmann sagt über ihre Figur, zum ersten Mal habe sie gespürt, wie wenig Melly in ihrem Leben habe, wie furchtbar einsam sie sei und wie traurig ihre Geschichte. Nach und nach offenbart sich dem Publikum ein Geheimnis.

„Für Serienkiller-Coming-out trainiert“ 

Derweil findet die Polizei im Wald zerschossene Schaufensterpuppen. Mit zerfetztem Torso baumeln sie eindrucksvoll an Haken. „Da hat wohl irgendeiner für sein Serienkiller-Coming-out trainiert“, kommentiert einer der Beamten.

Die Polizisten erfahren zudem, dass ein Jäger seit einem Sturz aus einem Hochsitz im Rollstuhl sitzt. Die Tierschützer hatten das Holzkonstrukt angesägt. „Am liebsten würde ich diese Kriminellen alle erschießen“, sagt der Mann.

„Die Geschichte setzt das Brennglas auf die Gefährlichkeit von Vorurteilen und schablonenhaften Vorverurteilungen“, sagt Regisseur Alexander Dierbach über diese „Polizeiruf“-Folge. Es gebe in der Gesellschaft die Tendenz, Menschen wegen ihrer Herkunft, ihrer Vergangenheit oder bestimmter äußerer Merkmale zu stigmatisieren und in eine Rolle zu drängen, aus der sie schwer entkommen könnten. „Diese Etiketten werden oft ohne Rücksicht auf den individuellen Charakter oder die komplexen Hintergründe einer Person vergeben.“