In Deutschland sind im vergangenen Jahr nur 251.900 neue Wohnungen fertiggestellt worden. Das waren 14,4 Prozent weniger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte. In den beiden Vorjahren hatte die Zahl neuer Wohnungen bei jeweils rund 294.000 gelegen. Die Ampel-Regierung hatte das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr ausgewiesen. Verbände der Bau- und Wohnungswirtschaft forderten die Bundesregierung zu zügigem Handeln auf.
„Das ist der niedrigste Stand seit Jahren – und ein deutlicher Weckruf zu schnellem und entschlossenem Handeln“, erklärte der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko. Er forderte „Vorfahrt für das Menschenrecht auf Wohnen“.
Der Rückgang im Jahr 2024 war bei Ein- und Zweifamilienhäusern besonders stark, die meist von Privatpersonen gebaut werden, wie die Statistiker betonten. Mit 54.500 Einfamilienhäusern sank deren Zahl um 22,1 Prozent. Die Anzahl neuer Wohnungen in Zweifamilienhäusern ging um 26,2 Prozent auf 17.600 zurück.
In Mehrfamilienhäusern – „der zahlenmäßig stärksten und vor allem von Unternehmen gebauten Gebäudeart“ – entstanden 135.300 Neubauwohnungen, ein Minus von 13,4 Prozent. Hinzu kommen noch 30.300 neue Wohnungen in bereits bestehenden Wohngebäuden und 8500 neue Wohnungen in Wohnheimen.
112.500 der neuen Wohnungen wurden von Unternehmen gebaut. Das Minus betrug hier 11,8 Prozent. 95.400 Wohnungsfertigstellungen entfielen auf Privatpersonen – 20,4 Prozent weniger als im Vorjahr. 9500 Wohnungen wurden von Trägern der öffentlichen Hand fertiggestellt.
Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) begründete den Rückgang im Wohnungsbau auch mit den „ungünstigen Umständen und Rahmenbedingungen“. „Zudem sind Genehmigungsverfahren zu kompliziert und langwierig, Baukosten zu hoch und Förderbedingungen zu undurchsichtig“, fuhr die SPD-Politikerin fort.
Das Baugewerbe hatte wegen steigender Materialpreise und hoher Zinsen massiv unter den Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine gelitten. Die Branche beklagt zudem hohe Kosten wegen zu viel Bürokratie und komplizierter und langwieriger Genehmigungsverfahren.
„Wir werden zügig einen Wohnungsbauturbo vorlegen, steuerliche Anreize verbessern und Neubauförderprogramme radikal vereinfachen“, versprach Hubertz. Zur Senkung der Baukosten will sie „die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen und auf serielles und modulares Bauen setzen“. Auch werde die Förderung sozialen Wohnens fortgesetzt.
Der angekündigte Wohnungsbauturbo müsse „konkrete Entlastungen und Anreize bringen“, forderte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe Felix Pakleppa. Das könnte etwa ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Familien sein und verlässliche KfW-Förderprogramme auch für Neubauten.
Der Immobilienverband Deutschland (IVD) forderte die Bundesregierung dazu auf, die private Nachfrage zu stärken. Fehlendes Eigenkapital treibe die Finanzierungskosten nach oben und lasse „damit häufig den Wunsch nach den eigenen vier Wänden platzen“, erklärte IVD-Präsident Dirk Wohltorf.Deswegen müsse die Regierungskoalition jetzt „die Weichen für eigenkapitalersetzende oder -ergänzende Bürgschaften stellen“, forderte Wohltorf.
„Das unendliche Dickicht aus Regeln muss für das bezahlbare Wohnen eine Zeit lang zurücktreten“, erklärte GdW-Präsident Gedaschko. „Für erneuerbare Energie wurde das eingeführt. Warum nicht beim Wohnen?“ Die Bundesregierung müsse „in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit alle Hebel in Bewegung setzen“.
Auch der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, forderte die Bundesregierung auf, „zügig Taten folgen zu lassen“. „Erst wenn die Förderprogramme für den Wohnungsbau wie geplant vereinheitlich und vereinfacht werden und mit der Baugesetzbuch-Novelle ein verlässlicher Rechtsrahmen geschaffen wird, der die Antragstellung und das Bauen an sich vereinfacht, können wieder positive Effekte in den Zahlen verbucht werden“, fuhr Müller fort.