Eine Mutter soll ihre Kinder über Jahre allein in ihrem Haus zurückgelassen haben – inmitten von Kot, Schimmel und Spinnweben. Jetzt steht die 34-Jährige vor Gericht.
Es war ein unfassbarer Anblick, den die Polizei im Februar in einem Wohnhaus in Pontiac im US-Bundesstaat Michigan machte: Überall lagen Fäkalien zwischen meterhohem Müll, an Decken und Wänden hingen Spinnenweben und Schimmel, in der Badewanne war Kot und die Toilette lief über. Mittendrin fanden die Beamten drei verängstigte Kinder, die offenbar von ihrer Mutter dort zurückgelassen worden waren.
Wie das Oakland County Sheriff’s Office in einer Pressemitteilung erklärte, hatte der Vermieter am 14. Februar die Behörden alarmiert, nachdem er seit Dezember nichts mehr von der Mutter gehört hatte. Die letzte Miete wurde im Oktober bezahlt. Als sich die Beamten Zutritt zu dem Haus verschafften, kam ein völlig verängstigter 15-jähriger Junge aus dem Schlafzimmer. Er erklärte den Beamten, dass seine Mutter das Haus bereits vor vier oder fünf Jahren verlassen hatte. Dann forderte er seine beiden elf und zwölf Jahre alten Schwestern auf, aus dem Badezimmer zu kommen, in das sie sich eingeschlossen hatten.
Wie sich später herausstellte, hatte die Mutter sporadisch Kontakt zu dem Jungen per Handy und wies die Kinder an, sich zu verstecken, sollte die Polizei kommen. Ein Polizeibeamter erklärte, er habe so einen Geruch zuvor noch nie erlebt und während der Durchsuchung ständig damit gerechnet, dass er noch mehr Kinder oder vielleicht ein oder mehrere Leichen darin entdecken würde.
Vernachlässigte Kinder gingen jahrelang nicht zur Schule
Die Kinder waren laut Polizei jahrelang nicht mehr zur Schule gegangen und vertrieben sich die Zeit mit Spielen oder Fernsehen. Der Junge schlief auf einer Matratze auf dem Boden, während die Mädchen auf Pizzakartons schliefen. Die Kleidung der Kinder war total verdreckt, die Haare verfilzt, die Zehennägel mehrere Zentimeter lang, weshalb es ihnen schwerfiel, zu laufen. Es schien, als wüssten sie nicht, wie man eine Zahnbürste, Duschgel oder Shampoo benutzt oder man eine Toilette spült. Die Mutter hatte ihnen weder Toilettenpapier noch Hygieneartikel hinterlassen. Lediglich Essen wurde von ihr oder von Lieferdiensten auf der Veranda abgestellt.
Per Handy hatte sie hauptsächlich Kontakt zu dem Jungen, den sie in ihren Kontakten als „Mein Ältester“ abgespeichert hatte, während ihre beiden Töchter nur als „Kind 1“ und „Kind 2“ eingetragen waren. Die Mutter selbst sei bei den Kindern als „weltbeste Mama“ eingetragen gewesen. Andere Familienmitglieder waren nicht in deren Kontaktdaten zu finden.
Nachbarn erzählten, sie hätten nicht gewusst, dass die Kinder in dem Haus lebten, weil sie sie nie gesehen hatten. Aber sie sahen, wie die Mutter jeden Monat Sachen im Haus ablieferte. Der Junge gab an, das Haus nur zweimal verlassen zu haben, einmal, weil er „das Gras fühlen wollte“, wie es heißt.
Eine Ärztin, die die befreiten Kinder später untersuchte, erklärte, sie seien zwar nicht unterernährt, aber geschwächt und hätten gesundheitliche Probleme. So hätten alle einen extrem niedrigen Vitamin-D-Spiegel, und alle Kinder seien kurzsichtig. Das jüngste Kind hätte Schwierigkeiten, aufrecht zu stehen und es nicht geschafft, auf den Untersuchungstisch zu klettern.
Mutter wird in den USA der Prozess gemacht
Der Vater soll während einer Haftstrafe den Kontakt zu den Kindern verloren haben und die Mutter habe ihm nach seiner Entlassung verboten, seinen Nachwuchs zu sehen.
In einer Pressmitteilung erklärte Michael Bouchard, Chef der zuständigen Polizeibehörde von Oakland County, er habe so eine Form der Vernachlässigung, Verwahrlosung und des Missbrauchs in seiner langen Karriere noch nie erlebt. „Diese Situation wäre für ein Tier bedauerlich und unerträglich und für drei Kinder ist sie absolut inakzeptabel.“
Ein Polizeibeamter, der die Mutter zum Verhör auf die Wache gebeten hatte, zeigte sich erstaunt darüber, wie gepflegt sie selbst war, mit frisierten Haaren und langen künstlichen Fingernägeln. Ihm gegenüber hätte sie eingeräumt, ihre Kinder alleine ihrem Schicksal überlassen zu haben. „Ich habe meinen Kindern wehgetan“, zitierte er sie. „Wahrscheinlich habe ich meine Kinder geopfert.“ Laut ihrer Aussage habe sie an verschiedenen Orten in der Stadt gelebt, aber alle seien von dem Haus ihrer Kinder aus zu Fuß erreichbar gewesen.
Die Mutter muss sich jetzt wegen Kindesmissbrauchs und dreifachen Sozialbetrugs verantworten. Die Anklage wegen Sozialhilfebetrugs bezieht sich darauf, dass sie zwischen Januar 2022 und Februar 2025 rund 29.397 US-Dollar an staatlichen Leistungen für ihre Kinder bezogen haben soll, obwohl sie diese faktisch verlassen hatte. Die Kinder wurden vom Jugendamt in die Obhut eines Verwandten gegeben.
Quellen: Associated Press, Staatsanwaltschaft Oakland County, Polizeibericht