Krankheit: Früherer US-Präsident Biden hat „aggressiven“ Prostatakrebs

Die Debatte über den Gesundheitszustand von Joe Biden riss bis zuletzt nicht ab. Jetzt teilt sein Büro mit: Der 82-Jährige ist an Krebs erkrankt.

Zweifel an seiner Gesundheit hatten im vergangenen Jahr zu seinem Rückzug aus dem Wahlkampf geführt – nun ist der frühere US-Präsident Joe Biden in Rente und hat die Diagnose Prostatakrebs bekommen. Es handele sich um eine aggressivere und weit fortgeschrittene, aber behandelbare Form der Krankheit, berichteten mehrere US-Medien unter Berufung auf eine Mitteilung seines Büros. Demnach hat der Krebs bei dem 82-Jährigen auf die Knochen gestreut. 

Biden habe die Diagnose am Freitag erhalten, hieß es in der Mitteilung. Der Tumor sei hormonempfindlich, was die Behandlungsmöglichkeiten verbessere. Biden und seine Familie beraten sich den Angaben zufolge derzeit mit seinen Ärzten über das weitere Vorgehen. Weitere Einzelheiten zu seinem Gesundheitszustand wurden zunächst nicht veröffentlicht. Vor knapp einer Woche war bekanntgeworden, dass sich Biden wegen eines Knotens in der Prostata weiteren Untersuchungen unterziehen musste.

Rückzug nach wachsendem Druck

Der Demokrat war im Januar aus dem Amt geschieden – als bis dahin ältester Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Ursprünglich hatte er bei der Wahl 2024 erneut für die Demokraten antreten wollen. Doch im Wahljahr gab es zunehmend Zweifel an seiner körperlichen und geistigen Verfassung. 

Eine enge ärztliche Betreuung des Präsidenten ist in den USA ebenso üblich wie die Kommunikation darüber. Im traditionsgemäß jährlich veröffentlichten präsidialen Gesundheitsbericht bescheinigte Bidens Leibarzt dem damaligen Amtsinhaber im Februar 2024 zwar trotz altersbedingter Gebrechen volle Dienstfähigkeit – doch die Bedenken konnten damals nicht zerstreut werden. Während Biden versuchte, an seiner Kandidatur festzuhalten, wuchs der parteiinterne Druck. Zwischenzeitlich musste sein Leibarzt erneut Stellung beziehen, um Spekulationen über eine Parkinson-Krankheit zu entkräften. 

Ende Juli – nur wenige Monate vor der Wahl – zog sich der Demokrat schließlich aus dem Wahlkampf zurück. An seiner Stelle trat die damalige Vizepräsidentin Kamala Harris für die Partei an. Sie unterlag im November dem Republikaner Donald Trump, der am 20. Januar das Amt von Biden übernahm. 

Biden bestritt gesundheitlichen Abbau 

Auch nach dem Ende seiner Amtszeit wies Biden die Spekulationen über einen drastischen gesundheitlichen Abbau während seiner Präsidentschaft immer wieder entschieden zurück. Erst Anfang Mai sagte er dem Sender ABC News, derartige Berichte seien falsch und entbehrten jeder Grundlage.

Zwar räumte er ein, beim TV-Duell gegen Trump im vergangenen Juni nicht überzeugt zu haben – ein Auftritt, der maßgeblich zur parteiinternen Kritik beigetragen hatte. Die Entscheidung, aus dem Rennen auszusteigen, sei jedoch nicht aus gesundheitlichen Gründen erfolgt, betonte Biden, sondern um eine Spaltung der Demokraten zu verhindern. „Ich wollte das Land über mein persönliches Interesse stellen“, sagte er. 

Kritik aus dem eigenen Lager

Wohl auch wegen dieser Beharrlichkeit riss die öffentliche Debatte zu dem Thema in den USA nicht ab – insbesondere in demokratischen Kreisen schwelt der Vorwurf, dass sein Handeln letztlich den Weg für Trump ebnete. 

Mehrere Bücher widmen sich inzwischen dem Thema. Besonders viel Aufmerksamkeit erhält ein neues Werk, das am Dienstag erscheint. Die Journalisten Jake Tapper von CNN und Alex Thompson von Axios führten dafür nach eigenen Angaben Interviews mit etlichen Personen aus dem Umfeld Bidens und der Demokratischen Partei. Ihre Recherchen zeichnen das Bild eines Präsidenten, der zunehmend mit körperlichen und geistigen Einschränkungen zu kämpfen gehabt habe – und dessen Umfeld bemüht gewesen sei, dies möglichst vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

Genesungswünsche von Trump und politischen Weggefährten

Nach Bekanntwerden der Krebsdiagnose sprach Trump seinem Amtsvorgänger Genesungswünsche aus. „Melania und ich sind betrübt über die jüngste medizinische Diagnose von Joe Biden“, schrieb der Republikaner auf seiner Plattform Truth Social. „Wir senden Jill und der Familie unsere besten Wünsche und wünschen Joe eine rasche und erfolgreiche Genesung.“ Im Wahlkampf hatte Trump den Gesundheitszustand seines Gegners immer wieder für scharfe Attacken benutzt – und auch seit seinem Amtsantritt im Januar hat er sich häufiger verächtlich dazu geäußert. 

Das übernahm nun sein ältester Sohn, Don Jr., bei X. „Was ich wissen will ist, wie Dr. Jill Biden den metastasierenden Krebs im fünften Stadium übersehen konnte“, schrieb er dort und trug damit zu einer bereits entbrannten Online-Debatte bei. „Oder ist dies eine weitere Verschleierung?“ Jill Biden ist keine Medizinerin, sondern promovierte Erziehungswissenschaftlerin. Dass sie den Doktortitel so offen trägt, hat ihr immer wieder Kritik von rechts eingebracht.

Neben den Trumps äußerten sich zahlreiche politische Weggefährten Bidens. Kamala Harris bezeichnete ihn bei X als „Kämpfer“, der „diese Herausforderung mit der gleichen Stärke, Unverwüstlichkeit und dem gleichen Optimismus angehen wird, die sein Leben und seine Führungsqualitäten immer geprägt haben“. Der demokratische Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, nannte seinen Parteikollegen bei X einen Mann „mit Würde, Stärke und Mitgefühl“, der es verdiene, „ein langes und schönes Leben zu leben“. Auch international gab es Bekundungen – etwa vom britischen Premierminister Keir Starmer.

Alter bei Diagnose ein wichtiger Faktor

Nach Angaben der renommierten American Cancer Society erkrankt etwa jeder achte Mann in den USA im Laufe seines Lebens an Prostatakrebs – ältere Männer sind deutlich häufiger betroffen. Die Krankheit ist dem Verband zufolge nach Lungenkrebs die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern; etwa einer von 44 Betroffenen stirbt daran. Die Sterberate ist in den vergangenen Jahrzehnten allerdings deutlich gesunken, was auf frühere Diagnosen und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten zurückgeführt wird. 

Laut der Mitteilung wurde Bidens Krebs mit einem Gleason-Score von 9 (Gradgruppe 5) eingestuft. Nach Angaben der American Cancer Society lässt dies auf eine besonders aggressive Form schließen, bei der ein rasches Wachstum und eine Ausbreitung wahrscheinlich sind. Moderne Therapien, etwa mit Hormonen, können das Fortschreiten verlangsamen und die Lebensqualität verbessern.

Für Biden ist das Thema Krebs eng mit familiären Erfahrungen verknüpft: 2015 starb sein ältester Sohn Beau im Alter von 46 Jahren an einem Hirntumor. Biden spricht in Reden immer wieder über diesen Verlust.